Der zweite Besuch von Bürgermeister Thomas Beyer in die ukrainische Stadt Tschornomorsk fand vom 2. bis zum 4. April 2024 statt. Begleitet wurde Beyer vom stellvertretenden Bürgerschaftspräsidenten Frieder Bohacek und Pressesprecher Marco Trunk. Mit der Reise sollte die Solidarität mit Wismars ukrainischer Partnerstadt ausgedrückt werden.
„Es ist sehr beeindruckend, wie Bürgermeister Vasyl Huliaiev und die Kolleginnen und Kollegen Stadtverwaltung Tschornomorsk das städtische Leben unter den Bedingungen des Krieges aufrechterhalten und alles organisieren, was zu organisieren ist. Mir war dieser Besuch sehr wichtig. Wir wollen damit das klare Signal aussenden, dass wir an der Seite unserer Freundinnen und Freunde in unserer Partnerstadt stehen, gerade in diesen schwierigen Zeiten. Ich freue mich auch sehr, dass wir bereits Ende April eine Delegation aus Tschornomorsk in Wismar begrüßen können“, so Bürgermeister Thomas Beyer.
Die Reise fand in einer schwierigen Phase statt. Odessa, die Nachbarstadt von Tschornomorsk, war in den Tagen zuvor mehrfach angegriffen worden. Es waren Menschen verletzt worden, es sind Menschen getötet worden und weite Teile der Millionenstadt Odessa waren eine ganze Zeit ohne Strom. Die letzten Nachrichten vor der Abreise aus der Partnerstadt waren dennoch voller Zuversicht.
Am Dienstag gab es ein Abendessen und ein Gespräch mit Bürgermeister Vasyl Huliaiev und Vertreterinnen und Vertretern aus Stadtverwaltung, Politik und Wirtschaft. Von vielen der Gesprächspartnerinnen und -partner, insbesondere von Bürgermeister Huliaiev, wurde ein großer Dank ausgedrückt. Der Dank ging an Deutschland wegen der Unterstützung im militärischen Bereich, insbesondere aber für die Unterstützung der Menschen, die in Deutschland leben. Fast alle am Tisch hatten Verwandte, Ehefrauen und ganz besonders viele Kinder, die in Deutschland oder in anderen europäischen Ländern leben.
Es wurde auch angesprochen, dass man sich sehr freue, dass die Wismarer auch zwei Nächte in Tschornomorsk bleiben. Die meisten Delegationen aus dem Ausland würden das nicht tun und spätestens am Abend abreisen.
Am nächsten Tag stand ein Besuch von Odessa auf dem Programm. Die Millionenstadt am Schwarzen Meer mit ihrem beeindruckenden Hafen, den schönen Altstadthäusern und dem neobarocken Theater ist voller Leben. Der Hafen aber ist abgesperrt, Panzersperren und Stacheldraht versperren den Zugang. Die Gäste aus Wismar kamen auch an Wohnhäusern vorbei, die durch Raketenbeschuss oder Drohnenangriffe stark beschädigt worden waren. Dort starben Menschen. Es werden oft Wohnhäuser getroffen, nicht nur militärische Infrastruktur, erzählte man den Gästen, auch eine Kathedrale wurde getroffen.
Ein Gebäude am Hafen war im Sommer mit einer Rakete beschossen worden. Die Druckwelle hatte auch viele Fensterscheiben in der Nähe zerstört. Bei einem Drohnenangriff Anfang März wurden zwölf Menschen getötet, darunter fünf Kinder.
Vor dem Krieg lebten drei Millionen Menschen in Odessa, heute gibt es keine genauen Zahlen. Es leben viele Binnenflüchtlinge in der Stadt.
Immer wieder sahen die Wismarer Fotos von Gefallenen, etwa in den Katakomben der Stadt. Auch sind an einem Denkmal ukrainische Fähnchen in die Erde gesteckt, eine Fahne für ein Menschenleben.
Es war in dieser Woche erst die zweite Nacht ohne Luftalarm. Davor heulten die Sirenen jede Nacht. Die Menschen waren müde, die Kinder nicht in der Schule. Zehn Minuten Zeit hat man, um einen Schutzraum aufzusuchen, wenn es einen Drohnenalarm gibt, etwas mehr, wenn Flugzeuge starten. Bei einer Rakete weniger als eine Minute.
Die Gäste aus Wismar besuchten auch das beeindruckende neobarocke Theater. Es ist gut gegen Feuer geschützt, es gibt auch einen Luftschutzbunker. Dann ging es wieder nach Tschornomorsk, wo die Wismarer eine akrobatische Zirkusaufführung von Arlekino, einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen, erlebten. Die Auftritte wurden vielfach preisgekrönt, die jungen Akteurinnen und Akteure waren in vielen Ländern Europas unterwegs. Sie trainieren fast jeden Tag, auch jetzt.
Am Abend gab es eine Einladung in ein Privathaus. Wie auch am Tag zuvor wurden die Wismarer sehr herzlich empfangen. Zum Abschluss der Reise waren die Gäste aus Wismar am Donnerstagmorgen im Rathaus der Partnerstadt, es wurde über die Jugendarbeit gesprochen und es wurde auch vereinbart, perspektivisch eine Begegnungsmöglichkeit für Jugendliche aus Wismar und Tschornomorsk zu organisieren.
Der Morgen hatte mit einem ersten Luftalarm kurz nach 7.00 Uhr begonnen. Auch zur Verabschiedung und während der Fahrt gab es mehrfach Alarme.