Angesichts schwieriger Verhandlungen zur Rettung der MV Werften fordert die IG Metall staatliche Überbrückungshilfen. Bund und Land seien gefordert, wenn es um die Finanzierung von Projekten auf den Werften gehe.
„Weder der Weiterbau der Global 1 noch der Bau von Plattformen für die Offshore-Industrie wird ohne staatliche Absicherungen und Kredite funktionieren“, sagte der Bezirksleiter IG Metall Küste, Daniel Friedrich, vor dem für Montag geplanten Besuch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Wismar.
Die Hansestadt ist einer von drei Werft-Standorten an der Ostsee, deren Zukunft nach der Insolvenz der zum asiatischen Genting-Konzern gehörenden MV Werften akut gefährdet ist. Im Dock in Wismar wartet die Global 1, die mit Platz für 9500 Passagiere eines der weltweit größten Kreuzfahrtschiffe wäre, auf die Fertigstellung. Da auch der Mutterkonzern als Auftraggeber Mitte Januar Antrag auf Abwicklung stellte, fehlen die Mittel zur Fertigstellung. Die Rede ist von 600 Millionen Euro. Die Gesamtbaukosten waren mit 1,5 Milliarden Euro angegeben worden.
Als Auslöser der folgenschweren Krise gilt die Corona-Pandemie, in deren Folge der Kreuzfahrttourismus, eine der Haupteinnahmequellen von Genting Hongkong, weltweit zum Erliegen kam. Weil Gentings Liquidität damit nicht mehr ausreichte, sprangen Bund und Land zunächst mit Krediten und Bürgschaften ein, zogen zu Beginn dieses Jahres aber die Notbremse.
Seither sucht Insolvenzverwalter Christoph Morgen nach zahlungsfähigen Abnehmern für das Schiff und nach Investoren für neue Projekte. Allerdings dämpfte er erst am Freitag bei einer Kundgebung der Werftarbeiter in Rostock-Warnemünde die Hoffnung auf rasche Anschlussaufträge, die Beschäftigung sichern. „Es gibt großes Interesse, künftig hier Offshore-Plattformen zu bauen“, sagte er. Allerdings sei bei dem planerischen Vorlauf solcher Projekte mit einem Baubeginn frühestens Ende 2023 zu rechnen.
Nach Ansicht Friedrichs geben die Interessensbekundungen Hoffnung, dass die Standorte erhalten bleiben und die maritime Industrie auch in Mecklenburg-Vorpommern eine Zukunft hat. „Was bisher jedoch fehlt, sind konkrete Zusagen für die Beschäftigten. Wir werden jeden Investor an seinem industriellen Konzept und an seiner Personalplanung messen“, kündigte der Gewerkschafter an. Insgesamt blicken knapp 2000 Schiffbauer in eine ungewisse Zukunft. Mit dem Wechsel in eine Transfergesellschaft soll Zeit gewonnen werden.
„Noch haben wir hoch qualifizierte Beschäftigten an den Standorten. Gemeinsames Ziel von allen im Land muss sein, dieses Know-how langfristig zu sichern. Ohne die Menschen sind die besten Standorte nichts wert“, mahnte Friedrich. Bund und Land müssten mit einem Hilfsprogramm dafür sorgen, den Wandel zu schaffen und die Menschen in der Branche zu halten. „Wir erwarten einen industrie- und strukturpolitischen Ansatz, bei dem die Menschen in den Fokus genommen werden. Von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erhoffen wir uns dazu bei seinem Besuch am Montag in Wismar klare Aussagen“, machte Friedrich deutlich.
Auch die Industrie- und Handelskammern des Landes hatten vor einer Abwanderung der Fachkräfte in andere Branchen und andere Bundesländer gewarnt. Damit gerate der Fortbestand der maritimen Wirtschaft akut in Gefahr, hieß es. Der Zweig gilt als industrielles Rückgrat im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern, das im Ländervergleich das niedrigste Lohnniveau aufweist.