Wirtschaftsverbände und -kammern haben ihre Kritik am geplanten Tourismusgesetz für Mecklenburg-Vorpommern untermauert. „Was wir in diesen ohnehin schon schwierigen Zeiten nicht gebrauchen können, das sind weitere Belastungen für die Unternehmen“, sagte der Präsident der Schweriner Industrie- und Handelskammer, Matthias Belke. Den vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Gesetzentwurf mit der darin fixierten Vorgabe zur Bildung einer weiteren Organisationsstruktur in den Kommunen bezeichnete er als „Ding aus dem Tollhaus“. Es gehe darum, Bürokratie abzubauen und nicht, neue zu schaffen.
Der Tourismus sei einer der wichtigsten wirtschaftlichen Faktoren für Mecklenburg-Vorpommern und bedürfe einer auskömmlichen Finanzierung. Dies angesichts leerer Kassen in Kommunen und Land über hohe Fremdenverkehrsabgaben auf die Betriebe auch in weniger touristischen Orten abzuwälzen, sei aber nicht hinnehmbar, sagte Belke. Er forderte die Landesregierung auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen.
Betriebe als „Erfüllungsgehilfen der Kommunen“
Nach Einschätzung des Vize-Geschäftsführers der IHK Rostock, Peter Volkmann, werden durch die geplante Abstufung der sogenannten Tourismusdestinationen deutlich mehr Kommunen in die Lage versetzt, Abgaben zu erheben. Die vorgesehene Regelung zwinge geradezu dazu, davon auch Gebrauch zu machen. „Betriebe werden so zu Erfüllungsgehilfen der Kommunen gemacht“, beklagte Volkmann. Zudem drohten etwa Hotels und Pensionen zusätzliche Belastungen durch die Verpflichtung, die Kurabgaben einzuziehen.
Auch die Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern (VU) lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf ab. „Ein Tourismusgesetz, das tief in die kommunale Steuerung eingreift und Unternehmen verpflichtend zur Kasse bittet, ohne ihnen Mitspracherechte einzuräumen, ist nicht tragbar“, erklärte Sven Müller, stellvertretender VU-Hauptgeschäftsführer. Die vorgesehene Einführung zusätzlicher Abgaben unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Betriebe gefährde die Wettbewerbsfähigkeit in ohnehin schwierigen Zeiten.
Zudem beklagte Müller die ungeklärte Zukunft des Landestourismusverbandes und die damit heraufbeschworene Vertrauenskrise und strukturelle Unsicherheit. „Ohne stabile Strukturen, Transparenz und einen echten Schulterschluss mit der Branche verbietet sich jede gesetzgeberische Weiterentwicklung“, mahnte Müller.
Kommunalverband und Opposition stimmen in Kritik mit ein
Kritik am Gesetzentwurf hatten zuvor auch der Städte- und Gemeindetag, der Bäderverband und die Opposition im Schweriner Landtag geübt. „Der Gesetzesentwurf belässt es beim Tourismus als freiwillige kommunale Aufgabe, verpflichtet aber gleichwohl ohne Rechtfertigung verfassungswidrig zur Zwangsmitgliedschaft und Abgabenerhebung“, hieß es in einer Mitteilung von Städtetag und Bäderverband.
Nach Ansicht des CDU-Landes- und -Fraktionsvorsitzenden Daniel Peters ist die Kritik am Gesetzentwurf berechtigt. „Von einstigen Zielen zur strategischen Tourismusentwicklung blieb ein Gesetzentwurf übrig, der vor allem mehr Belastungen für die Wirtschaft mit sich bringen soll. Das ist unzureichend“, konstatierte Peters. Die CDU-Fraktion lade noch in diesem Monat Branchenvertreter zu einem Tourismusdialog ein, um über den Gesetzentwurf, aber auch über die gegenwärtige Situation zu sprechen.
„Natürlich hängt der Gesetzentwurf auch mit dem von der Landesregierung erzwungenem Scheitern des Tourismusverbandes zusammen. Der Schaden für den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern ist immens“, erklärte der CDU-Politiker. Auch die FDP-Fraktion erneuerte ihre Kritik am Agieren der rot-roten Landesregierung.
Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums soll mit dem Gesetz ein gerechtes, zeitgemäßes und auch zukünftig tragfähiges System für die Finanzierung des Tourismus in MV geschaffen werden. Als ein zentraler Punkt gilt die Gestaltung von Kur- und Fremdenverkehrsabgaben. Die Einnahmen sollen zur Finanzierung der touristischen Infrastruktur insbesondere in Kur- und Badeorten dienen. Die Verbandsanhörung zum Gesetzwurf endet an diesem Freitag.