Montag, 25.November 2024 | 14:21

„Wirklich einfach nur geil“: Bei Superteam Bayer Leverkusen und Xabi Alonso brechen alle Dämme

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Bayer Leverkusen ist erstmals Deutscher Meister. Nach dem 5:0 gegen Werder Bremen ist der Titel nach nur 29 Spieltagen perfekt. Schon vor dem Abpfiff stürmen die Fans den Innenraum und später den Rasen. Die Spieler werden von ekstatischen Fans geherzt.

Nach seinem zweiten Tor an diesem Sonntagabend mahnte Florian Wirtz die schon völlig losgelösten Fans von Bayer Leverkusen zu Ruhe und Sachlichkeit. Nach 82 Minuten waren die ersten von ihnen auf den Rasen geflitzt und in allerbester Titellaune. So viel Leid und „Vize“ hatte sich in all den Jahren unterm Bayer-Kreuz angestaut, dass für noch mehr Warten keine Zeit mehr blieb. Doch noch einmal ließ sich der Anhang von seinem kleinen Magier beruhigen. Als der aber acht Minuten später zu seinem dritten Streich ansetzte und das 5:0 gegen das chancenlose Werder Bremen erzielt hatte, brachen alle Dämme. Der Platz wurde geflutet. Schiedsrichter Harm Osmers verzichtete auf Nachspielzeit und ließ den Leverkusener Traum einfach leben.

Mit großer Wucht spülte es die Fans auf den Rasen. Der sollte doch eigentlich in einem guten Zustand bleiben, darauf hatten die Verantwortlichen gehofft. Es war, das konnte man vorher schon wissen, eine ziemlich naive Vorstellung. Erstmals Meister, da bleibt nichts wie es war. Über das Stadion legte sich zum wiederholten Male an diesem Sonntagabend ein rotschwarzer Pyro-Rauch.

Die Fans rannten auf ihre Helden zu, umarmten sie, herzten sie, nahmen sie für Hunderte Selfies in Beschlag. Mittendrin Wirtz, der größte Spektakelfußballer dieser herausragend starken Mannschaft, die noch immer ungeschlagen ist in dieser Saison. Mittendrin auch Jeremie Frimpong, der trickreiche und kaum zu bremsende Flügelspieler, der augenscheinlich gar nicht genug von den Umarmungen bekommen konnte. Die Fans brachen reihenweise in Tränen des Glücks aus.

„Es ist unbeschreiblich. Ich kann das noch gar nicht persönlich realisieren“, sagte Wirtz bei DAZN. Wenig später musste er mehrere Bierduschen über sich ergehen lassen. „Emotionen pur. Da fließt wirklich alles durch den Körper“, sagte Jonas Hofmann: „Ich weiß gar nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Wir sind immer ans Limit gegangen. Es ist wirklich einfach nur geil.“ Auch Supertrainer Xabi Alonso, der allen Avancen des FC Bayern und wohl auch des FC Liverpool trotzte und über die Saison hinaus Trainer der Werkself bleibt, knipste inmitten der Jubeltraube Erinnerungsfoto um Erinnerungsfoto, ehe er sich in den Spielertunnel rettete. Der Weg glich einem Labyrinth ohne Ausweg. Alonso fand aber doch einen. Dem Spanier gelingt in dieser Spielzeit alles.

Bereits vor dem Spiel war Leverkusen im Party-Rausch. Der Mannschaftsbus schlich durch die Straße zum Stadion, die Fans standen Spalier und sangen „Deutscher Meister wird nur SVB“. Sie hüllten den Weg in ein dichtes Nebelmeer. In den sozialen Netzwerken wurden Bilder von Straßenumbenennungen geteilt, so gab es unter anderem eine „´Xabi-Alonso-Allee“. Auch im Stadion wurde „King Xabi“ gefeiert, der Baske, der das Glück gebracht hatte und sich auf ewig als der Held feiern lassen kann, der dem ungeliebten „Vize“-Beiwort den Weg aus der Stadt gewiesen hat. Leverkusen ist seit Monaten schockverliebt in diesen Coach.

Auch in der Kabine war der charismatische Baske erster „Ansprechpartner“. Über seinem Haupt ergoss sich eine mächtige Bierdusche. Diese Tradition kennt er noch aus Spielerzeiten beim FC Bayern, dessen über ein Jahrzehnt währende Dominanz er nun beeindruckend beendet hatte. Ungeschlagen und mit 16 Punkte Vorsprung wurde die erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte eingefahren. „Die ganze Saison ist super, wir waren sehr konstant, wir haben sehr gut gespielt, die Ergebnisse waren fast alle verdient“, sagte Alonso und kündigte nach dem Meisterstück in der BayArena eine berauschende Party an: „Viel Bier, deutsches Bier.“ Für den Montag hat er seinen Spielen freigegeben. „Im Fußball ist manchmal alles schnell, aber heute müssen wir stoppen und genießen.“

Diese Mannschaft spielt mit diesem Trainer nah an der Perfektion und zwingt das Spielglück im Notfall immer auf ihre Seite. Nachdem man ihn quasi per Bierdusche endgültig zum Klub-Heiligen gesprochen hatte, gönnte Alonso sich selbst einen tiefen Zug aus dem Glas. „Es ist ein Super-Moment. Wir müssen heute genießen und feiern mit den Familien, Freunden und Fans. Das Gefühl ist unglaublich“, sagte der Spanier klatschnass bei DAZN.

„Ein Traum ist wahr geworden. Ich bin so stolz und es rührt mich sehr, dass unsere Stadt, meine Heimatstadt, diesen Moment erleben und feiern darf“, sagte Oberbürgermeister Uwe Richrath. Das sei vor allem ein Geschenk an die Fans. „An die, die seit Jahrzehnten ihre Mannschaft in guten und in schlechten Zeiten anfeuern, die immer da sind und ihrem Verein die Treue halten“, erklärte der Politiker. Auf diesen Moment hätte viele Fans und die Stadt seit mehr als 30 Jahren gewartet. „Sie wagten kaum zu glauben, dass die Meisterschale jemals nach Leverkusen kommt. Nun ist es geschehen und der Damm ist gebrochen.“

Der FC Bayern gratuliert mit Kampfansage
Glückwünsche gab es unter anderem vom FC Bayern: „Glückwunsch, insbesondere an Xabi Alonso, sein Team und an die gesamte Mannschaft. Euer Fußball hat die Bundesliga begeistert. Die Serie des FC Bayern ist gerissen, aber wir werden nun alles daran setzen, um wieder anzugreifen“, sagte Sportvorstand Max Eberl. Einen Schub von der Meisterschaft erhofft sich auch Bundestrainer Julian Nagelsmann: „Das kann uns als Team nur guttun. Die Handschrift von Trainer Xabi Alonso ist klar zu erkennen. Die Spieler treten als Einheit auf, sind taktisch diszipliniert und zweikampfstark, zugleich variabel, kreativ und spielfreudig. Die Leistungen der Mannschaft sind ein Beleg dafür, wie wichtig die richtige Mischung von Qualität und Mentalität ist“, urteilte Nagelsmann.

Einer von denen, auf die Nagelsmann hofft, ist Robert Andrich, der neue Bodyguard von Toni Kroos im DFB-Team. Auch er war nach Triumph kaum noch zu halten und fabulierte: „Es gibt nicht nur Bayern München, es gibt auch Bayer Leverkusen. Jetzt ist Bayer-Leverkusen-Zeit, jetzt gibt es endlich mal einen guten Deutschen Meister.“ Er setzte ein Augenzwinkern hinterher. Der 29-Jährige hielt in den Katakomben ein riesiges Kölschglas in der Hand – und kündigte weitere Bierduschen für seinen Coach an. „Eines hat ihn schon erwischt, das zweite wird gleich folgen. Jetzt lassen wir den Abend mal auf uns zukommen – aber ich glaube, der wird ziemlich lang.“

In 120 Jahren Vereinsgeschichte hatte Bayer bislang nur zwei Titel gewonnen, in dieser Saison könnte es gleich das Triple werden. Als haushoher Favorit geht Leverkusen ins DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion gegen den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern (25. Mai), zudem besitzt Alonsos Team vor dem Rückspiel in der Europa League bei West Ham (Hinspiel 2:0) beste Chancen auf die nächste Runde.

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