Dass bestimmte Blutgruppen stärker von einer Corona-Infektion betroffen sind, ist schon länger bekannt. Jetzt finden Forschende aus Frankreich heraus, dass diese Besonderheiten bereits die Übertragung betreffen.
Für ihre Studie befragte ein Team um Rachida Boukhari und Adrien Breiman von der Universität Nantes mit Corona infizierte Klinikmitarbeiter und außerdem deren im gemeinsamen Haushalt lebenden Partner. Die Erstinfektion fand zwischen Januar 2020 und Mai 2021 statt. Dabei erhoben sie auch die Blutgruppe. Von den 387 Antworten wurden die Paare aussortiert, bei denen beim angesteckten Partner keine PCR-Test-bestätigte Infektion vorlag oder die Infektion mehr als acht Tage nach der des ersten Partners festgestellt wurde, bei denen sich beide Partner ungefähr gleichzeitig mit dem Virus angesteckt hatten, und wo die Partner kein gemeinsames Schlafzimmer hatten.
Insgesamt konnten sie so bei 333 Paaren beobachten, wie die Wahrscheinlichkeit der Virusweitergabe in Abhängigkeit von der Blutgruppenzugehörigkeit war. Statistisch unterschieden sich die ABO-Blutgruppenhäufigkeiten für die 666 Personen nicht signifikant von denen in der französischen Allgemeinbevölkerung. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachjournal „Frontiers in Microbiology“.
Infizierte der Blutgruppe 0 können das Virus demnach leicht an alle anderen Blutgruppen weitergeben. Sie sind damit potenziell eher gefährliche Superspreader. Personen der Blutgruppe AB wiederum haben das höchste Risiko, sich selbst anzustecken, aber das geringste, die Infektion weiterzugeben. Das erklärt auch, warum Angehörige der Blutgruppe A bislang bei den Infektionen besonders stark vertreten sind, während Angehörige der Blutgruppe 0 unterdurchschnittlich oft infiziert sind.
Die Ergebnisse bestätigen, was der britische Forscher Peter J.J. Ellis von der Universität Kent mit Blick auf Daten des Infektionsgeschehens in der ersten Corona-Welle bereits im Sommer 2020 mathematisch modelliert hatte: Die Wahrscheinlichkeit, einen Partner anzustecken, verläuft entlang der Übertragbarkeit von Blutgruppen. Dabei geht es darum, dass Spender und Empfänger bei Blutübertragungen sowohl bei Antikörpern als auch beim Rhesusfaktor verträglich sein müssen, ohne dass es zu Verklumpungsreaktionen kommt.
Waren die Blutgruppen miteinander kompatibel – etwa, wenn der Erstinfizierte die Blutgruppe 0 hatte, und der Empfänger A, B oder AB – lag die sekundäre Attackrate bei 47,2 Prozent. Es steckte sich also etwa jeder zweite Partner an. War sie hingegen inkompatibel, hatte also der Empfänger die Blutgruppe 0 und der Indexfall A, B oder AB, dann lag die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung nur bei 27,9 Prozent. Damit war das Ansteckungsrisiko um 41 Prozent geringer, wenn die Blutgruppen nicht zueinander passten.
Die Ursache für dieses stark unterschiedliche Risiko vermuten die Autorinnen und Autoren der Studie in Antikörpern, die gegen die A und B Antigene gerichtet sind. „Insgesamt können unsere Beobachtungen erklären, warum bei Personen der Blutgruppe 0 häufiger ein partieller Schutz auftritt als bei Personen der Blutgruppen A und B.“ Der Schutz basiere offenbar auf den Häufigkeiten von Anti-A- und Anti-B-Antikörpern. „Da die Blutgruppe A häufiger vorkommt als die Blutgruppen B und AB, treffen Personen der Blutgruppe A in einer Bevölkerung westeuropäischer Herkunft seltener auf inkompatible Infizierte.“ Dies erkläre wahrscheinlich, warum Personen der Blutgruppe A ein höheres Risiko und Personen der Blutgruppe 0 ein geringeres Risiko für Covid-19 haben.