In die Pflege führen viele Wege. Neben der Pflegeausbildung gibt es die Möglichkeit, an einer Hochschule ein Bachelorstudium zu absolvieren. Neuerdings bekommen Studierende dafür auch eine Vergütung. Welche Kriterien gibt es noch, um zwischen Ausbildung und Studium zu entscheiden? Für wen eignet sich welcher Weg? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Ausbildung und Studium für Pflegeberufe?
2020 wurde die generalistische Pflegeausbildung mit den neuen Berufsbezeichnungen Pflegefachmann, Pflegefachfrau oder Pflegefachperson eingeführt. Möglich ist eine Berufsausbildung oder ein Bachelorstudium. „Beide Wege unterscheiden sich vor allem durch die Zugangsvoraussetzungen und die wissenschaftliche Komponente, die im Pflegestudium einen weitaus höheren Stellenwert hat“, sagt Maja Schendel. Die gelernte Krankenschwester arbeitet in Schleswig-Holstein im Beratungsteam Pflegeausbildung des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA).
Zum Studium gehören auch Praxiseinsätze. Am Ende steht ein Bachelor of Science, Bachelor of Arts oder Bachelor of Nursing zusammen mit der Berufszulassung. Das Pflegestudium befähigt also ebenso wie die Berufsausbildung dazu, als Pflegefachkraft zu arbeiten und sogenannte Vorbehaltsaufgaben wahrzunehmen. Das sind Tätigkeiten, die nur diese Berufsgruppe ausführen darf – etwa die „Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs“.
Im Studium werden die angehenden Pflegefachpersonen zusätzlich intensiver auf Aufgaben vorbereitet, die im Bereich der Steuerung von Pflege- und Versorgungsprozessen liegen. „Die Vorlesungsinhalte betreffen stärker pflegewissenschaftliche Gebiete“, sagt Lena Dorin. Die promovierte Pflegewissenschaftlerin leitet beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) den Arbeitsbereich Pflegeberufe.
Was hat sich für Studierende in der Pflege genau geändert?
Mit dem im Dezember 2023 in Kraft getretenen Pflegestudiumstärkungsgesetz soll das Studium in der Pflege attraktiver werden. Zum einen ist es nun dual organisiert. Das bedeutet: Studierende schließen einen Ausbildungsvertrag mit einem sogenannten Träger der praktischen Ausbildung, etwa einem Krankenhaus oder einem Pflegedienst. Dieser zahlt ihnen dann für den Zeitraum des Studiums eine Ausbildungsvergütung – in vergleichbarer Höhe wie das Ausbildungsgehalt in der Pflege.
„In aller Regel wird überall ein nahezu identisches Gehalt bezahlt, was übrigens im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen kein geringes ist, nämlich knapp 1200 Euro im ersten Jahr“, sagt Lena Dorin. Bisher musste das Studium selbstständig oder über Bafög finanziert werden.
Vermutlich sei das einer der Gründe, warum sich bisher nur etwa zwei Prozent für das Studium entscheiden und alle anderen lieber eine berufliche Pflegeausbildung absolvieren. Es würden aber mehr Menschen in der Pflege gebraucht, die akademisch gebildet sind, sagt die Arbeitsbereichsleiterin. Die Aufgaben verändern sich immer weiter und werden komplexer – unter anderem, weil Menschen immer älter werden und häufig unter verschiedenen, chronischen Krankheiten leiden.
Welche Zugangsvoraussetzungen gelten?
Schüler mit einem mittleren Schulabschluss (in der Regel nach der 10. Klasse) können direkt mit der generalistischen Berufsausbildung starten. Mit einem ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (in der Regel nach der 9. Klasse) kann zuerst eine Pflegehelferausbildung absolviert und anschließend eine – eventuell verkürzte – Ausbildung zur Pflegefachperson begonnen werden.
Wer das Pflegestudium anstrebt, braucht eine Hochschulzugangsberechtigung. Neben dem Abitur eröffnen viele andere Wege den Zugang zum Studium, Berufserfahrung etwa. Eine erfolgreich abgeschlossene berufliche Pflegeausbildung kann das Pflegestudium um die Hälfte verkürzen. „Es gibt unzählige Möglichkeiten, in das Berufsfeld Pflege einzusteigen. Auch der Weg über eine Umschulung ist denkbar“, sagt Beraterin Maja Schendel.
Für wen eignet sich welcher Weg?
Die Entscheidung für Ausbildung oder Studium hänge davon ab, wo und wie man später arbeiten möchte, sagt Maja Schendel. „Schülern, die schon Abitur haben, würde ich eher zum Studium raten.“ Für die Entscheidungsfindung sei hilfreich, sich zu überlegen, ob man sich mit pflegewissenschaftlichen Fragen auseinandersetzen und für schwierige Aufgaben der Pflegepraxis evidenzbasierte Lösungen entwickeln möchte.
„Wer sich für ein Pflegestudium interessiert, sollte Spaß an analytischem Denken haben und sich für die Gestaltung und die Steuerung von Pflege interessieren“, sagt Lena Dorin. Künftige Azubis oder Studierende sollten sich außerdem fragen, ob sie in der Patientenversorgung arbeiten möchten. Wer eher die Lehre oder das Management ansteuert, brauche nicht unbedingt eine Berufszulassung, die über die Pflegeausbildung oder das Pflegestudium erworben werden kann. „Dann kann man auch direkt Pflegewissenschaften studieren.“
Warum sollte ich in der Pflege arbeiten?
Als Beraterin bekommt Maja Schendel einen Eindruck von den Vorstellungen und Bedenken junger Menschen beim Thema Pflege. „Wenn wir auf Berufsmessen an unserem Stand ins Gespräch kommen, merke ich oft, dass die Interessierten zu Beginn verhalten reagieren.“ Das liege daran, dass sie die Tätigkeit mit schlechter Bezahlung und Überstunden verbinden. „Sie sind dann oft ganz überrascht, wenn ich von den Verdienstmöglichkeiten berichte, die höher sind als das Fachkraftgehalt im Durchschnitt aller Berufe. Man vergisst auch oft, dass es für ungünstige Arbeitszeiten Zuschläge gibt und man auch mal unter der Woche freihat.“
Maja Schendel ermutigt junge Menschen, erst mal ein Praktikum zu machen. „Ich sage immer: Schnuppert doch mal rein – auch in Berufe, die ihr euch gar nicht vorstellen könnt.“ Das hat sie selbst erlebt. Eigentlich wollte sie Kunst studieren. Als das nicht auf Anhieb funktionierte, entschied sie sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr im Krankenhaus. „Obwohl ich immer gedacht habe, das geht nicht, weil ich gar kein Blut sehen kann. Aber dann habe ich gemerkt, dass das mein Traumberuf ist.“