Zweieinhalb Jahre nach einem in Mecklenburg-Vorpommern angeordneten Einreiseverbot und Ausreisegebot im Kampf gegen die Corona-Pandemie prüft das Oberverwaltungsgericht des Landes die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen.
Hintergrund ist eine Normenkontrollklage gegen die Landesregierung. Der Antragsteller, der in Leipzig seinen Erst- und in Groß Schwansee in Mecklenburg-Vorpommern einen Zweitwohnsitz hat, unterlag damals mit seiner Familien der Ausreisepflicht. Eine Entscheidung wollte das Gericht noch am Dienstagabend fällen.
Der Antragsteller bezeichnete die längst außer Kraft gesetzten Regelungen am Dienstag bei der mündlichen Verhandlung als rechtswidrig und unverhältnismäßig. Er sei damals in seinen Eigentumsrechten eingeschränkt worden und habe sein Grundstück zeitweise vollumfänglich nicht nutzen können. Er habe viel Verständnis für die Corona-Schutzmaßnahmen. „Dass man aus seinem eigenen Haus ausreisen muss, dafür habe ich kein Verständnis“, sagte der Kläger.
Sein Anwalt Tobias Meiser machte klar, dass es sich um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff gehandelt habe. „Das war ein Novum in der Rechtsgeschichte. Man musste Grundbesitz und Bundesland verlassen.“ Damals sei es völlig unklar gewesen, wie lange die Verordnung dauern würde.
Die Normenkontrollklage richtet sich gegen die Landesregierung. Deren rechtlicher Vertreter Wolfgang Ewer verwies bei der mündlichen Verhandlung darauf, dass die Maßnahmen wichtig gewesen seien, um die Corona-Pandemie zu beherrschen und den Schutz für die Menschen zu fördern. Es habe sich zudem um eine Maßnahme des Gefahrenabwehrrechts gehandelt, bei der niemand ernstlich eine vollumfänglich dokumentierte Abwägung habe fordern können.
Es liege zudem kein schwerwiegender Grundrechtseingriff vor, so Ewer. Die Einstufung als schwerwiegend sei nach allgemeiner Rechtsauffassung solchen Rechten vorbehalten, die für die Verfassung eine besonders hohe Bedeutung hätten, wie etwa Versammlungsfreiheit oder Pressefreiheit. Hier gehe es aber darum, ob der Eigentümer und seine Familie für eine „sehr begrenzten Zeitraum“ sein Eigentum am Zweitwohnsitz nicht habe nutzen können. Dies sei kein schwerwiegender Eingriff.
Der Senat des OVG äußerte bereits während der mündlichen Verhandlung einige vorläufige Auffassungen. Die Aussage des Klägers, die Nutzung seines Eigentums sei ihm „vollständig weitgehend entzogen“ worden, könne der Senat so nicht nachvollziehen, sagte Richter Klaus Sperlich. Auch die vom Kläger angeführte Wiederholungsgefahr eines Einreiseverbots beziehungsweise Ausreisegebots sei eher unwahrscheinlich.
Sperling erinnerte an die Situation im April 2020. „Damals war die Pandemie am Anfang.“ Wegen der begrenzten Erkenntnisse über die Krankheit und der ungewissen Entwicklung habe die Ein- beziehungsweise Ausreiseregelung wohl einem legitimen Ziel gedient. Zudem sei sie grundsätzlich geeignet gewesen, im Rahmen des Infektionsschutzes die Kontakte zu vermeiden.
Konkret richtet sich die Klage gegen einzelne Paragrafen der Sars-CoV-2-Bekämpfungsverordnung vom 3. April 2020 und die Corona-Landesverordnung vom 23. April 2021 in der Fassung vom 4. Mai 2021. Ein Normenkontrollverfahren dient in erster Linie einer objektiven Rechtskontrolle, zielt aber in einem Nebenaspekt auch auf einen individuellen Rechtsschutz ab.