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„Vorwurf des Rassismus absurd“: Scholz bestreitet Beleidigung des CDU-Politikers Joe Chialo

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Der Vorwurf des „Focus“ gegen Bundeskanzler Olaf Scholz ist heftig. Nicht nur berichtet das Blatt von einem Disput zwischen Scholz und dem schwarzen CDU-Bundesvorstandsmitglied Joe Chialo während einer privaten Feier. Das Magazin liefert die Wertung gleich mit: „CDU-Mann Chialo beleidigt: Kanzler Scholz leistet sich rassistischen Aussetzer“, lautet die Überschrift. Kurz: Scholz soll den Sohn tansanischer Diplomaten einen „Hofnarren“ der CDU genannt haben. Chialo, Kultursenator von Berlin, bestätigte lediglich, dass es einen „Vorfall“ gegeben habe. Die SPD versendete wiederum eine Stellungnahme, in der Scholz eine rassistische Beleidigung vehement bestreitet. Inzwischen hat der Kanzler presserechtliche Schritte eingeleitet. Nach Informationen von RTL/ntv hat Scholz am Abend mit Chialo telefoniert.

Scholz erklärte, er habe sich auf der Feier mit einem Journalisten über das gemeinsame Abstimmungsverhalten von CDU und CSU mit der AfD im Bundestag unterhalten. Scholz habe festgestellt, dass „nur sehr wenige liberale Stimmen in der CDU“ den Kurs ihres Vorsitzenden Friedrich Merz öffentlich kritisiert hätten. „Der dabei von mir verwandte Begriff ist im Sprachgebrauch nicht rassistisch konnotiert und war von mir auch nie so intendiert“, erklärte Scholz. „Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert.“ Die Erklärung ist so zu lesen, dass Scholz die Verwendung des Begriffs „Hofnarr“ bestätigt.

„Ich stand zwischen Chialo und Kanzler Scholz“

Der von Chialo bestätigte „Vorfall“ ereignete sich am 2. Februar. „Focus“-Chefredakteur Georg Meck, der auf der privaten Feier zugegenn war, stellt den Verlauf der Diskussion ganz anders dar als Scholz. Demnach sprach Scholz in dem umstrittenen Moment nicht nur mit einem Journalisten sondern auch mit Chialo. Dieser habe sich beim Kanzler erkundigt, „ob er das wirklich so meine mit dem Rassismus der CDU, jener Partei also, in deren Bundesvorstand er sitzt“, berichtet Meck aus seiner Erinnerung. Scholz habe geantwortet: „Jede Partei hat ihren Hofnarren.“

Meck deutet Scholz‘ Äußerung, die er auf Chialos Nachfrage wiederholt haben soll, als rassistisch, weil der Kanzler den dunkelhäutigen Politiker zu einem Feigenblatt der CDU degradiert habe. Der „Bild“-Zeitung sagte Meck hierzu: „Ich stand zwischen Chialo und Kanzler Scholz, als der Bundeskanzler das zu Joe Chialo sagte. Ich habe nur gedacht: Was passiert hier, wie kann es zu so einem Ausfall aus dem Nichts kommen?“ In der Darstellung von Scholz dagegen waren mit „Hofnarren“ die liberalen CDU-Politiker gemeint, die Merz‘ Umgang mit der AfD kritisieren – Politiker, die alles sagen dürfen, aber nichts zu sagen haben. Scholz widerspricht damit Mecks Darstellung, der Begriff „Hofnarr“ sei eindeutig auf die Person Chialo gemünzt gewesen.

Einer sagt die Unwahrheit

In dem Streit steht nun Aussage gegen Aussage, Chefredakteur gegen Regierungschef. Einer sagt die Unwahrheit. CDU-Politiker Chialo könnte hier vielleicht aufklären, ließ aber nur über die Berliner Senatsverwaltung für Kultur wissen: „Herr Senator Chialo bestätigt, dass es einen Vorfall gegeben hat. Er wird sich nicht dazu äußern.“

Dafür äußert sich nun Chialos CDU. „Das ist der Bundeskanzler, der immer Respekt beansprucht“, sagte Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz der „Rheinischen Post“. „Offensichtlich aber nur für sich selbst. Und das, was er dann dazu gesagt hat, macht die Sache nicht besser.“ Merz sagte, er frage sich, „ob dieser Bundeskanzler eigentlich irgendwann mal in der Lage ist zuzugeben, dass er etwas Falsches gesagt hat, und sich dafür vielleicht auch entschuldigt“.

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner forderte für seinen Partei- und Kabinettskollegen Chialo eine Entschuldigung vom Bundeskanzler: „Respekt und Anstand sollten auch im Wahlkampf immer unser Handeln bestimmen“, erklärte Wegner auf X. „Anständig wäre es, wenn der Bundeskanzler sich jetzt bei Joe Chialo entschuldigen würde.“ Der Berliner CDU-Landesverband schrieb auf X: „Schämen Sie sich, Herr Bundeskanzler!“

Doch Scholz scheint dafür keinen Anlass zu sehen, weil er Chialo gar nicht beleidigt habe. „Persönlich schätze ich Joe Chialo gerade als eine wichtige liberale Stimme in der Union“, erklärte der Bundeskanzler. Der weitere Verlauf dürfte nun maßgeblich davon abhängen, ob und wie sich weitere Zeugen des Abends erinnern – allen voran Chialo selbst. Die Vorwürfe kurz vor der Bundestagswahl sind schwerwiegend, der Zeitpunkt der Veröffentlichung für die SPD fatal. Sollten sie sich als unbegründet herausstellen, könnten sie dem wahlkämpfenden Bundeskanzler dennoch Schaden bei Ansehen und Wahlergebnis zufügen.

Gastgeber verteidigt Scholz

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch wirft dem Portal derweil vor, „die Aussage von Olaf Scholz bewusst in einen rassistischen Kontext“ zu rücken. Dies sei „gezielte Kampagnenarbeit im Sinne der CDU“. Die Partei inszeniere „hier eine Empörungswelle, die zehn Tage nach dem angeblichen Vorfall losgetreten wird. Das riecht nach einer gezielten Kampagne“.

Der Gastgeber der Feierlichkeit meldete sich auf Nachfrage von „stern“ und „Tagesspiegel“ zu Wort: der Unternehmer Harald Christ. Er habe seine Feier zum 50. Geburtstag, die wegen der Corona-Pandemie ausgefallen war, am 2. Februar im Berliner Capital Club nachgeholt. Die „etwa 300“ Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Journalismus habe er explizit zum Austausch in dem nicht öffentlichen Raum aufgefordert.

Die Vorwürfe des „Focus“-Chefredakteurs glaubt Christ nicht. „Ich kenne Olaf Scholz lange und gut, es ist absurd, den Bundeskanzler in die Ecke eines Rassisten zu rücken“, erklärte Christ. Aber bezeugen kann auch der Gastgeber nicht, was gesagt worden ist: „Ich war nicht zugegen.“

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