Neun Monate vor der Heim-EM steht Deutschland ohne Bundestrainer da. Der 58-jährige Hansi Flick wurde einen Tag nach der Pleite gegen Japan vom DFB freigestellt. Sportdirektor Rudi Völler, U20-Trainer Hannes Wolf und Sandro Wagner werden am kommenden Dienstag die Nationalelf einmalig betreuen, teilte der Fußball-Verband mit.
„Die Gremien waren sich einig, dass die A-Nationalmannschaft der Männer nach den zuletzt enttäuschenden Ergebnissen einen neuen Impuls benötigt“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf in einer ersten Stellungnahme auf dfb.de: „Wir brauchen mit Blick auf die Europameisterschaft im eigenen Land eine Aufbruchstimmung und Zuversicht. Für mich persönlich ist es eine der schwierigsten Entscheidungen in meiner bisherigen Amtszeit.“
„Für mich ist das kein einfacher Moment, denn ich bin im Februar beim DFB angetreten, um Hansi Flick mit all meinen Möglichkeiten zu unterstützen, ihm den Rücken freizuhalten, damit er sportlich erfolgreich sein kann“, sagte Völler. Er habe „fest daran geglaubt, dass er es als Bundestrainer schaffen kann, unsere Nationalmannschaft wieder auf Kurs zu bringen“, ergänzte der frühere Teamchef. Flick habe sich „aufgerieben in den zurückliegenden Monaten.
An einem turbulenten Tag nach der 1:4-Blamage gegen Japan hatte Hansi Flick noch am Vormittag eine öffentliche Trainingseinheit in Wolfsburg geleitet. Dort hatte sich der 58-Jährige noch kämpferisch gezeigt. „Ich fighte weiter“, hatte er den Zuschauern zugerufen. Während Flick noch kämpfte, debattierte der Rest des Landes bereits über einen möglichen Flick-Nachfolger. Und auch die Führungsriege des DFB blieb nicht untätig und beriet in einer Sitzung des Aufsichtsrates der DFB GmbH über die Absetzung des Bundestrainers.
Julian Nagelsmann, Matthias Sammer, Jürgen Klopp, Oliver Glasner und sogar Felix Magath wurden von den zahlreichen Experten des Landes in den Topf geworfen. Vorerst soll nun erst einmal Rudi Völler als Interims-Bundestrainer das Länderspiel gegen Frankreich begleiten. Völler war erst nach dem WM-Debakel zum DFB zurückgekehrt. Er war bereits von 2000 bis zur misslungenen EM 2004 als Teamchef tätig. Damals war er für den aufgrund seiner Kokain-Affäre untragbar gewordenen Christoph Daum eingesprungen. Trotz spielerischer Armut hatte er die Nationalmannschaft 2002 zur Vize-Weltmeisterschaft gecoacht.
Flick war 2021 als Nachfolger von Joachim Löw gestartet und hatte mit acht Siegen in Folge sofort einen Startrekord aufgestellt. Doch spätestens mit der Spielzeit 2022/2023 und der katastrophalen WM 2022 in Katar hatte sich das Glück von ihm verabschiedet. In den letzten 17 Länderspielen gelangen der DFB-Auswahl nur vier Siege. An den Erfolgstrainer des FC Bayern München, der mit dem Rekordmeister in einem Jahr alle erreichbaren Titel gewann, erinnerte zuletzt nichts mehr.