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Trainer reagiert auf Boss-Kritik: Zu wenig Tuchel, noch weniger Mut beim FC Bayern

Eine Niederlage landet beim FC Bayern niemals unbearbeitet auf dem Ablagestapel. Erst recht nicht, wenn diese erschreckend ist, mancherorts wird das 0:1 gegen Werder Bremen sogar als blamabel gelabelt, und sie von allen Seiten kommentiert wird.

Lothar Matthäus hat als externe Kraft abermals eine Personaldebatte angestoßen, weil Leon Goretzka nicht von Beginn spielte. Der TV-Experte hatte Coach Thomas Tuchel angezählt, weil der seine Spieler kritisiert hatte und dabei eher wenig auf sich selbst eingegangen war. Und dann war da noch Klubchef Jan-Christian Dreesen, der „langweiligen Fußball“ und die Einstellung der Profis anprangerte. Viel los in München.

Doch in dieser Niederlage steckte noch mehr als ein vergeigtes Spiel. Denn im Titelrennen ist der FC Bayern zunächst deutlich ins Hintertreffen geraten und hängt in der schiefen Tabellen sieben Punkte hinter Bayer Leverkusen fest. Ein wenig begradigt kann das Bild am heutigen Mittwochabend werden (20.30 Uhr), wenn es im nachgeholten Spiel gegen Abstiegskandidat Union Berlin geht.

Die Eisernen bereiten sich schon mal darauf vor, dass ihnen die ganze Wut des Rekordmeisters entgegenschlägt. Die Vergangenheit hat genug Belege geliefert, dass die Münchner unter „Wut-Motor“-Betrieb besonders aufdrehen. Allein in dieser unruhigen Saison hat die Mannschaft nach Misserfolgen recht zuverlässig eine Reaktion gezeigt. Den drei Pleiten gegen RB Leipzig, den 1. FC Saarbrücken (DFB-Pokal) und Eintracht Frankfurt folgten jeweils überzeugende Siege.

Und doch scheint mit Beginn der Rückrunde etwas anders zu sein. Die Leistung gegen Bremen hat nicht nur den Trainer erschreckt, sondern auch die Spieler fassungslos gemacht. Zweifel am Zustand der Mannschaft sind sehr berechtigt. Und angesichts der neu entdeckten Resilienz von (bald nicht mehr?) Vizekusen, sind noch ein paar Atü Druck mehr auf den Kessel gekommen. Schöner Fußball. Erfolgreicher Fußball. Und Titel. Das sind die Maßstäbe, an denen die Bayern-Bosse noch jeden Trainer gemessen und schließlich bewertet haben. Nicht auszudenken, was bei einer Niederlage gegen Union passiert.

Noch aber läuft die Suche nach den richtigen Werkzeugen, um den „Wut-Motor“ im bayrischen Maschinenraum fest zu verkeilen. Denn gegen Bremen lief das ganze Konstrukt nur mit halber Kraft. Tuchel sprach seinem Team quasi alle Grundtugenden für ein erfolgreiches Fußballspiel ab. Und wiederholte die Kritik vor dem Spiel gegen Union: „Wir können sehr viel besser machen, weil sehr viel Luft nach oben ist. Die Erklärung bleibt die gleiche: In puncto Leidenschaft, Biss, Zweikampfverhalten, Verbissenheit, Enthusiasmus war das über 70 Minuten absolut unter dem Niveau, das wir an uns selber stellen. Das war absolut nicht da und nicht genügend da.“ Die Spieler, sagt er, seien „deutlich hinter unseren Erwartungen geblieben.“ Er wünscht sich mehr Mut, mehr Überzeugung in den direkten Duellen. „Es gelingt den Gegnern gerade zu einfach, uns den Mut zu nehmen“, prangerte der Coach an. „Wir suchen zu lange nach der Überzahlsituation.“

Die entscheidende Frage lautet nun: Wie kann das schnell wieder besser werden? Lässt sich der Schalter einfach umlegen? Tuchel, der an diesem Dienstag ordentlich Redebedarf hatte, griff die entsprechende Frage sofort auf und entgegnete energisch: „Der Schalter wird auf keinen Fall einfach umgelegt, das ist nicht leicht. Wir sind uns der Ausgangslage sehr bewusst und der Luft, die da noch nach oben ist.“ Es sei seine Verantwortlichkeit, die Dinge, die nicht funktionieren, „anzusprechen und einzufordern. Wir werden weiter Einfluss auf die Gruppe nehmen, bis der Knoten platzt und du spürst, dass da eine wirkliche Mannschaft ist, die gemeinsam das Ziel verfolgt, mit der nötigen Lust, Laune und Euphorie Spiele zu gewinnen.“ Die würde sich der Trainer dringend auch wieder von den Fans wünschen, die aber aktuell den Weg des Stimmungsboykotts eingeschlagen haben.

„Sie finden keinen Trainer“, so sagte er, „der es nicht als Nachteil empfindet, wenn es während des Spiels einen Stimmungsboykott gibt. Wenn es dann Gründe gibt für diesen Boykott, dann ist das so.“ Gegen Bremen hatten sich Teil der Fans mit Bannern an Tuchel gewandt, der sie zuvor damit empört hatte, dass er den verstorbenen Franz Beckenbauer heranzog, um sich mehr Stimmung im Stadion wünschen. Aber klar sei eben auch: „Wir sind dafür verantwortlich, die Stimmung drin zulassen. Die Fans sind nicht daran schuld, dass wir C-Fußball spielen. Ich sehe die Kritik nicht an unsere Fans.“

Dabei wählt Tuchel auch den Weg in die eigene Einkehr, denn offensichtlich funktioniert seine Ansprache derzeit nicht so, wie es sein soll. „Ich bin der Erste, der sich selber hinterfragt, wenn man so wenig von dem, wofür ich als Trainer stehen will, auf dem Platz sieht. Die Ansprache passt sich immer an die Situation an. Ich habe noch nicht entschieden, in welche Richtung das passieren wird.“ Gelassen reagierte er dagegen auf die überraschend forsche Kritik von Vorstandsboss Dreesen. Die mache, so antwortete er auf eine entsprechende Frage, gar nichts mit ihm. Denn Dreesen haben mit seinem „Langweilig“-Vorwurf recht gehabt. Und wer in dieser Ansage nur den Hauch von einem Zerwürfnis witterte, dem nahm Tuchel direkt den Wind. Ihr Verhältnis sei „sehr gut“.

Das lässt sich in dieser Saison nicht für die Beziehung zu den Chefexperten der Nation sagen. Mit Matthäus und Didi Hamann liegt Tuchel schwer über Kreuz. Auf die aktuelle Kritik des Rekordnationalspielers ging er nun nicht konkret an, verteidigte aber seine Entscheidung, Goretzka auf der Bank zu lassen und stattdessen Raphaël Guerreiro abermals von Beginn an zu vertrauen. Der lange verletzte Portugiese hatte zuletzt mit starken Leistungen für sich geworben. „Rapha hat keinen Grund geliefert, ihn rauszunehmen.“ Die Entscheidung habe „keinerlei Aussagekraft, dass wir Leon nicht vertrauen. Wir brauchen alle Spieler und auch Leute, die aus der Ungerechtigkeit der Entscheidung des Trainers Kraft ziehen.“

Ob Goretzka wieder in die Mannschaft rotiert? Ob Guerreiro eventuell eine andere Position einnimmt, etwa die des formschwachen Alphonso Davies, den Tuchel zwar verteidigte, ihm aber keine Garantie für einen Startplatz geben wollte? Das ließ der Trainer offen. Es sei jetzt die „Gretchenfrage“, ob die Spieler, die es gegen Werder so verbaselt hatten, noch mal eine Chance zur Wiedergutmachung bekommen, oder ob es Wechsel gibt. „Wir Trainer nehmen uns die Freiheit, das nicht zu verraten und jede Minute noch abzuwarten.“

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