Nach Spannungen innerhalb der rot-grünen Bundesregierung über weitere Hilfen für die Ukraine haben Union und FDP betont, dass auch sie bereit sind, der Ukraine in diesem Jahr drei Milliarden Euro für Militärhilfe zur Verfügung zu stellen.
Allerdings lehnen sie den von Kanzler Olaf Scholz und SPD-Chefin Saskia Esken vorgeschlagenen Weg ab, außerhalb des Haushalts einen Sondertopf für die Milliardenausgaben für die Ukraine einzurichten. „Wenn die Regierung wieder zur Besinnung kommt und einen seriösen Antrag im Haushaltsausschuss vorlegt, wird die Unionsfraktion diesem Vorschlag zustimmen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei. „Der Bundestag kann das einfach mit großer Mehrheit beschließen“, sagte auch FDP-Chef Christian Lindner der „Rheinischen Post“.
Der „Spiegel“ hatte zuvor über Streitigkeiten im Kabinett Scholz berichtet. Außenministerin Annalena Baerbock habe zusammen mit Verteidigungsminister Boris Pistorius noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar ein zusätzliches Ukraine-Budget von rund drei Milliarden Euro mobilisieren wollen. Das Kanzleramt hätte die Pläne ausgebremst – dem „Spiegel“ zufolge, weil Scholz angeblich die künftige Bundesregierung nicht vor vollendete Tatsachen stellen wolle.
Scholz macht Lockerung der Schuldenbremse zur Bedingung
Der Kanzler hatte dann am Mittwoch gesagt, dass er bereit sei, der Ukraine in diesem Jahr zusätzlich zu den bereits im Etatentwurf 2025 eingeplanten vier Milliarden Euro Militärhilfe weitere drei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Dafür müsse aber angesichts einer bereits existierenden Etatlücke von 26 Milliarden Euro ein Beschluss fallen, um die Ukraine-Ausgabe in einem Sondertopf neben dem Haushalt zu finanzieren, sagte er in einem RTL-Interview. Diesen Vorschlag hatte er bereits im November gemacht, was letztlich zum Bruch der Ampel-Regierung führte. Lindner hatte dies als damaliger FDP-Finanzminister nicht mittragen wollen, laut Scholz wäre dies im Rahmen der Schuldenbremse aber möglich gewesen.
Die rot-grüne Minderheitsregierung hat für einen solchen Beschluss keine Mehrheit mehr, es müssten also Union oder FDP mitstimmen. Scholz wehrte sich damit aber vor allem gegen den Vorwurf der Grünen, er wolle der Ukraine anders als Außenministerin Baerbock kein zusätzliches Geld zur Verfügung stellen. Er habe selbst im November drei Milliarden Euro mehr für die Ukraine vorgeschlagen. Man müsse angesichts der Etatlücken aber auch sagen, woher das Geld kommen solle, hatte er gesagt. Ansonsten drohten Kürzungen im Haushalt an anderer Stelle.
SPD-Co-Chefin Saskia Esken forderte die Fraktionen im Bundestag auf, noch vor der Bundestagswahl den Weg für mehr Militärhilfe für die Ukraine freizumachen. „Olaf Scholz fordert vollkommen zu Recht, dass wir mit dem Überschreitungsbeschluss unseren finanziellen Spielraum erweitern, so wie es das Grundgesetz vorsieht“, sagte Esken. „Wenn die anderen Fraktionen jetzt zustimmen, setzen wir damit noch vor der Wahl ein starkes Zeichen und unterstützen die Ukraine in ihrem mutigen Freiheitskampf.“ Mit Hinweis auf die Etatlücke betonte auch sie, dass es aber nicht sein dürfe, „dass unsere Unterstützung für ein Land, das für seine Unabhängigkeit und die Freiheit seiner Bevölkerung kämpft, gegen wichtige Investitionen in Deutschland, wie beispielsweise für Familien oder Rentnerinnen und Rentner, ausgespielt wird.“
Union: Scholz‘ Winkelzüge durchsichtig
„Bei der Ukraine-Hilfe führt Olaf Scholz die Bevölkerung in die Irre“, sagte dagegen der CDU-Politiker Frei. „Es gibt keinen Grund, für das geplante Drei-Milliarden-Paket die Schuldenbremse auszuhebeln.“ Auch unter den jetzigen Bedingungen habe die Regierung die Möglichkeit, in diesem Jahr 50 Milliarden Euro an neuen Schulden aufzunehmen. Die Union hatte allerdings im Dezember gesagt, sie wolle keine haushaltsrelevanten Entscheidungen der rot-grünen Minderheitsregierung mehr mittragen.
Unionsfraktionsvize Johann Wadephul hielt dem Kanzler ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver vor. „Scholz‘ neuer Winkelzug in der Frage weiterer Hilfe für die stark bedrängte Ukraine ist ein echter Tiefpunkt im derzeitigen Wahlkampf“, kritisierte der CDU-Verteidigungsexperte in Berlin. Der Kanzler versuche, die wirtschaftlichen Sorgen vieler Menschen gegen die notwendige Solidarität mit der Ukraine auszuspiele
Lindner warf der „Scholz-SPD“ vor, Fragen miteinander zu vermischen. Die FDP-Fraktion zeigte sich offen für eine Sondersitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses, um unter anderem die überplanmäßige Ausgabe für die Ukraine auf der Grundlage des Artikels 112 Grundgesetz zu beschließen. Eine solche Sitzung könne bereits in der kommenden Woche stattfinden, schrieb die „Rheinische Post“ mit Hinweis auf Parlamentskreise.