Im Dauerstreit um die Düngemittelverordnung in Mecklenburg-Vorpommern hat Umwelt- und Agrarminister Till Backhaus (SPD) die Landwirte zum Einlenken aufgefordert und an sie appelliert, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Wenige Tage vor der für Freitag geplanten Protestaktion des Bauernverbandes vor dem Landtag in Schwerin wies der Minister die anhaltende Kritik an der Begrenzung des Düngereinsatzes zurück.
An 84 von 552 Grundwassermessstellen im Land seien zu hohe Nitratgehalte gemessen worden. Zudem habe es an drei Vierteln aller Messstellen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gegeben. „Die Belastung der Gewässer ist ein real existierendes Problem und keine Räuberpistole“, betonte Backhaus am Dienstag in Schwerin.
Es liege in aller Interesse, dass weniger Dünger und Pestizide in den Naturkreislauf gelangten und Mensch und Umwelt schädigten. „Nitrat und Pflanzenschutzmittel gehören nicht ins Grundwasser, auch aus Verantwortung vor nachfolgenden Generationen“, sagte der Minister. Nach seinen Angaben ergaben Messungen, dass in 39 der 53 Grundwasserkörper im Land die Grenzwerte für Nitrat überschritten wurden. Als Hauptverursacher gilt die Landwirtschaft. Die EU dringt seit langem auf eine Verbesserung der Wasserqualität und droht Deutschland mit drastischen Strafzahlungen, falls sich nichts ändert.
Backhaus äußerte Verständnis für das Bestreben der Bauern, gute Erträge zu erzielen und hochwertige Agrarprodukte zu produzieren. Doch dürfe dies nicht zu Lasten der Umwelt und der Gesundheit gehen. Der Minister verwies auf Untersuchungen, nach denen gut ein Viertel der Düngergabe von etwa 200 Kilogramm je Hektar nicht von den Pflanzen aufgenommen werde. Der Stickstoffüberschuss auf den Äckern im Nordosten habe 2018 etwa 65 Kilogramm je Hektar betragen, im Bundesdurchschnitt seien es sogar 91 Kilogramm gewesen. Backhaus rief dazu auf, moderne Technik für ein effektiveres Düngen zu nutzen und mit dem Anbau von Zwischenfrüchten überschüssige Nährstoffe zu binden.
Schon seit langem streiten Ministerium und Bauern über die Düngemittelverordnung des Landes, die für Regionen mit überhöhten Nitratwerten einen um 20 Prozent verringerten Düngereinsatz vorschreibt. Mit einer Klage vor dem Oberverwaltungsgericht hatten Landwirte Ende vorigen Jahres die bisherige Verordnung gekippt. Inzwischen befasst sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit dem Thema, da das Oberverwaltungsgericht in Greifswald einer Beschwerde des Landes gegen das Urteil nicht stattgegeben hatte.
Die Bauern verlangen eine detailliertere Erfassung der Nitratwerte durch mehr Messstellen und darauf aufbauend eine zielgenauere Festlegung der Agrarflächen mit begrenzter Düngergabe. Laut Ministerium reicht das Netz der Messstellen jedoch aus. Den Vorwurf, willkürlich und intransparent vorzugehen, wies Backhaus zurück. Die an der Ausarbeitung der Verordnung beteiligten Fachleute hielten sich an die rechtlichen Vorgaben, und der Bauernverband sei stets einbezogen worden.
Der Minister sprach von einem Urteil mit Bumerang-Effekt. Statt für weniger gebe es aufgrund gesetzlicher Vorgaben künftig für mehr Äcker Beschränkungen für das Ausbringen von Düngemitteln. Im Entwurf der neuen Landesdüngeverordnung seien 46 Prozent als „Rote Gebiete“ mit zu hoher Nitratbelastung ausgewiesen. Bislang seien es 13 Prozent gewesen. Laut Backhaus befindet sich die neue Verordnung derzeit in der Anhörung. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil zur bisherigen Regelung aus dem Jahr 2020 bleibe diese aber in Kraft. Komme die Düngeverordnung des Bundes zur Geltung, müssten 77 Prozent der Landwirtschaftsfläche als nitratbelastete Gebiete gelten, so Backhaus.