Eine Infektion mit Sars-CoV-2 macht nicht jeden Menschen krank. Einem Forscherteam von der University Sydney gelingt es, den Stoff zu identifizieren, der die Immunbarriere bildet. Er hilft auch bei anderen Erregern. Auf dieser Grundlage sind in Zukunft wirksame Medikamente denkbar.
Forscher haben einen Stoff in der Lunge entdeckt, der das Andocken von Sars-CoV-2 an menschliche Zellen hemmt. Das Team um Professor Greg Neely vom Charles Perkins Centre der University of Sydney identifizierte das besondere Eiweiß und benannte es mit LRRC15. Für die Forschenden ist denkbar, dass eine hohe Konzentration von LRRC15 die Mobilität des Sars-CoV-2 so weit einschränkt, dass Menschen nicht an dem Virus erkranken. Sollte sich das in weiteren Untersuchungen bestätigen lassen, dann wäre das Rätsel um die Covid-19-Immunität gelöst.
Das Team hatte für die Untersuchung mit einer bestimmten Methode der Genomik zunächst menschliche Zellen nach Proteinen untersucht, an die das Coronavirus binden kann. So stießen sie auf das Rezeptorprotein LRRC15. Dieses befindet sich in Lungen von Personen, die an Covid-19 oder anderen Krankheiten gestorben sind. Bei Menschen, die keine viralen Infektionen hatten, fand das Forscherteam hingegen auch keine Hinweise auf LRRC15. Sie gehen deshalb davon aus, dass diese Rezeptorprotein einen neuen Teil der Immunbarriere bildet, die zum Schutz vor einer schweren Covid-19-Infektion beiträgt und gleichzeitig die antivirale Reaktion des Körpers aktiviert.
Die Forschenden gehen davon aus, dass entweder nicht genug LRRC15 oder, dass es nicht rechtzeitig genug vom Körper gebildet wurde, um die Infektion in Schach zu halten. „Wenn wir uns die Lungen von Patienten ansehen, die an Covid gestorben sind, gibt es viel von diesem Protein“, sagte Neely laut „The Guardian“. „Aber wir konnten uns die Lungen von Patienten, die Covid überlebt haben, nicht ansehen, da eine Lungenbiopsie bei lebenden Menschen nicht so einfach durchzuführen ist. Wir sind aber sehr sicher, dass Überlebende mehr von diesem Protein haben als diejenigen, die an Covid gestorben sind.“ LRRC15 wird normalerweise stark in Geweben exprimiert, die wichtige Immunbarrieren wie die Plazenta, die Haut und verschiedene Lymphgefäße bilden.
In einer früheren Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus London, die Blutproben auf LRRC15 untersuchten, kamen die Forschenden zu dem Schluss, dass das Protein im Blut bei Patienten mit schwerem Covid-19 niedriger war als bei Patienten mit mildem Covid. Diese Erkenntnis stützt die Theorie der Forschungsteams in Sydney. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass höhere LRRC15-Spiegel dazu führen, dass Menschen weniger schwere Krankheitsverläufe haben“, wird Neely weiter zitiert.
„Die Tatsache, dass es diesen natürlichen Immunrezeptor gibt, von dem wir nicht wussten, dass er unsere Lungen auskleidet und Viren blockiert und kontrolliert, ist wahnsinnig interessant.“ LRRC15 wirkt ein bisschen wie ein molekularer Klettverschluss, indem es an der Spitze des Virus haftet und es dann von den Zielzelltypen wegzieht“, erklärt Dr. Lipin Loo, der ebenfalls an der Untersuchung beteiligt war.
Mit den Erkenntnissen könnten in Zukunft breit wirkende Medikamente gegen verschiedene virale Krankheitserreger entwickelt werden. Doch bis dahin müssen weitere Untersuchungen dazu durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden in der aktuellen Zeitschrift „PLOS Biology“ veröffentlicht.