Montag, 16.September 2024 | 22:19

“Sorge um die Demokratie” und Mahnungen nach Landtagswahlen

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Für den Rostocker Politikwissenschaftler Wolfgang Muno sind die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen nicht bloß Ausdruck kurzfristiger Stimmungen. “Ich habe große Sorge um die Demokratie in Deutschland”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Es zeige sich “eine grundlegende Kritik und Ablehnung von demokratischem Rechtsstaat und liberaler, pluralistischer Demokratie in großen Teilen der Bevölkerung, insbesondere aber in Ostdeutschland”.

Nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns Arbeitgeberpräsident Lars Schwarz sind die Wahlergebnisse auch Resultat des Umgangs der Parteien miteinander. “Die üblichen gegenseitigen Schuldzuweisungen der etablierten Parteien helfen niemandem. Schon gar nicht unserer Demokratie und unserem Ansehen im Ausland”, erklärte Schwarz in Schwerin. Die Regierungs- und Oppositionsparteien in Berlin und zum großen Teil auch in den Ländern trügen somit gemeinsam Verantwortung für das Erstarken der extremen Rechten und Linken.

In Thüringen war die AfD bei der Landtagswahl am Sonntag erstmals in einem Bundesland stärkste Kraft geworden. In Sachsen kam die von den Verfassungsschutzbehörden beider Länder als rechtsextrem eingestufte Partei hinter der CDU auf Platz zwei. Das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), eine Abspaltung von der Linken, fuhr aus dem Stand zweistellige Ergebnisse ein. Für beide Bundesländern werden schwierige Regierungsbildungen erwartet.

Zwar handelt es sich laut Muno nur um Landtagswahlen in kleineren Bundesländern. “Aber natürlich ist die symbolische Wirkung enorm.” Erstmals in der Nachkriegsgeschichte sei eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft in einem Bundesland. “Das wird auch im Ausland wahrgenommen und diskutiert werden.” AfD und BSW nannte Muno “populistische Polarisierer”. Andere Parteien würden es schwer haben, mit Fakten und Inhalten dagegenzuhalten.

Konkrete politische Erfolge seien bezüglich des Kriegs in der Ukraine und der Migration schwierig. Selbst Erfolge, etwa das Management der Energiekrise oder der Aufschwung regenerativer Energien, würden geleugnet oder schlechtgeredet, sagte Muno. “Und: nicht einmal die Politikwissenschaft kann eine gute Anleitung geben, wie grundsätzliches Vertrauen in Staat und Demokratie erreicht werden kann, jenseits politischer Bildung.”

Bis zu den nächsten Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern sei es noch weit und Prognosen daher unseriös. “Aber es zeichnet sich ab, dass es sehr schwierig werden wird für Manuela Schwesig und die Landesregierung”, sagte Muno mit Blick auf die SPD-Ministerpräsidentin.

Schwarz wertete die Wahlergebnisse als Weckruf. “Ich appelliere an alle staatstragenden Parteien: Schluss damit, das Trennende in den Mittelpunkt des politischen Wettbewerbs zu stellen. Schluss damit, den Menschen vorzuschreiben, was sie dürfen sollen und was nicht. Es braucht endlich einen echten Wettbewerb um die besseren Lösungen für die Zukunft unseres Landes – hart in der Sache, aber fair im Ton”, mahnte der Präsident des Unternehmerdachverbandes.

Die Wirtschaft spüre bereits seit längerem die Auswirkungen einer verfehlten Politik und unzureichenden Kommunikation in Bund und Ländern. “Wir können uns ein “Weiter so” nicht mehr leisten”, betonte Schwarz.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin und SPD-Vorsitzende Schwesig hatte die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen insbesondere wegen der hohen Zustimmung für die AfD als “erschreckend” bezeichnet. Ähnlich äußerte sich die Landesspitze der Grünen.

CDU-Landeschef Daniel Peters zeigte sich erfreut über die Ergebnisse seiner Partei, erwartet aber, dass die Regierungsbildung in Erfurt und in Dresden sehr kompliziert werden wird. Die bevorstehenden Gespräche wollte er nicht kommentieren: “Meine Parteifreunde in Sachsen und Thüringen brauchen keine Ratschläge”, sagte er.

AfD-Landeschef Leif-Erik Holm hatte die Ergebnisse in Sachsen und Thüringen als politisches Erdbeben eingestuft. Der Wunsch der Bürger nach einer anderen Politik lasse sich nicht mehr ignorieren. Sie hätten AfD nicht aus Protest gewählt, sondern aus Überzeugung.

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