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Sondervermögen und Schuldenregel: Neue Schulden ersetzen Milliarden regulärer Ausgaben

In einer historischen Sitzung hat der alte Bundestag in seiner letzten Sitzung der künftigen Bundesregierung ungeahnte finanzielle Spielräume verschafft – mit einer dreifachen Grundgesetzänderung wird die voraussichtlich von CDU-Chef Friedrich Merz geführte schwarz-rote Koalition Schulden in gewaltiger Höhe von 1000 Milliarden Euro aufnehmen dürfen – für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz. Merz betonte, es handele sich um zusätzliche Investitionen. Doch ob wirklich alle Mittel zusätzlich fließen, ist offen. Es bleiben einige Schlupflöcher und Möglichkeiten für die vielzitierten „Verschiebebahnhöfe“ – also Dinge, die bisher aus dem Bundeshaushalt finanziert wurden, künftig über die neuen Schulden zu finanzieren.

Demnächst dürfen alle Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent der Wirtschaftsleistung Deutschlands (Bruttoinlandsprodukt, BIP) von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Ein einfaches Rechenbeispiel mit Zahlen aus dem Haushaltentwurf für 2025 zeigt, wie viele Milliarden Euro im regulären Bundeshaushalt dadurch frei werden. Dabei geht es nicht um Cent-genaue Beträge, sondern um Größenordnungen.

Ein Prozent des BIP, das entsprach im vergangenen Jahr etwa 44 Milliarden Euro. Im regulären Verteidigungshaushalt (ohne Sondervermögen Bundeswehr) waren aber bereits 53,2 Milliarden Euro eingeplant. Das ist ein Unterschied von gut neun Milliarden Euro. Die Ampelkoalition zerbrach am Ende wegen eines Streits um 15 Milliarden Euro, die Kanzler Olaf Scholz von der Schuldenbremse ausnehmen wollte – was FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner ablehnte und dafür aus der Regierung geworfen wurde.

Spielräume im zweistelligen Milliardenbereich

Bei den Investitionen zeigt sich ein ähnliches Bild. Union, SPD und Grüne haben vereinbart und versprochen, zehn Prozent des Bundeshaushaltes für Investitionen auszugeben. Das entspricht 2025 einer Summe von 48,86 Milliarden Euro. Das ist aber deutlich weniger als bislang ohnehin dafür veranschlagt wurde. Im regulären Haushalt sind 57 Milliarden Euro (ohne zusätzliche schuldenfinanzierte Investitionen) für diese Ausgaben eingeplant. Ein Unterschied von gut acht Milliarden Euro.

Zusammen wären das schon 17 Milliarden Euro, die die Bundesregierung im regulären Haushalt zusätzlich zur Verfügung hätte. Umgekehrt formuliert: Wirklich zusätzliche Ausgaben für Infrastruktur, Klimaschutz und Verteidigung beginnen erst oberhalb von diesen etwa 17 Milliarden Euro.

FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke sieht sogar noch größere Spielräume. Die erhöhten sich, weil Ausgaben für Geheimdienst, Katastrophen- und Bevölkerungsschutz ebenfalls von der Schuldenbremse ausgenommen werden können. Addiert man deren Kosten zu den Verteidigungsausgaben steigen diese in diesem Jahr auf 55,8 Milliarden Euro. Damit sieht Fricke gar eine Ersparnis von 11,76 Milliarden Euro. Also noch einmal fast drei Milliarden Euro mehr als im Beispiel oben – und damit etwa 20 Milliarden Euro neuer Spielraum für Schwarz-Rot.

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Und die möglichen Ukraine-Hilfen stecken da noch gar nicht drin. Die können aber ebenfalls von der Schuldenbremse ausgenommen werden. 2024 betrugen sie 7,48 Milliarden Euro. Nimmt man diese Summe auch noch hinzu, wären es sogar 27 Milliarden Euro – wie gesagt, es geht hier um die Größenordnung, nicht die genauen Beträge.

Ersparnisse dürften in Haushaltslöcher fließen

Dabei handelt es sich um Geld, das die Ampelkoalition noch aus dem regulären Haushalt und nach den Regeln der Schuldenbremse stemmen musste. Geld, das künftig über Schulden reingeholt wird und keine zusätzliche Leistungen bedeutet. Merz hat allerdings versprochen, dass die neuen Schulden für zusätzliche Investitionen verwendet werden sollen. Wie das gehen soll, hat er noch nicht erklärt.

Grüne, FDP und andere werfen Schwarz-Rot vor, das Geld für Geschenke an ihre Wählerschaft nutzen zu wollen. Tatsächlich haben Union und SPD im Sondierungspapier kräftige Ausgaben vereinbart: die Mütterrente, die Pendlerpauschale, die sinkenden Restaurantsteuern für Kunden, die Erhöhung der Agrardieselbeihilfe.

Zugleich werden die mit dem vergrößerten Schuldenspielraum freigewordenen Summen dringend benötigt, um klaffende Haushaltslöcher zu stopfen. Nach einem Bericht des „Handelsblatt“ schätzt Finanzminister Jörg Kukies die Lücke im Etat für 2025 auf 26 Milliarden Euro.

In seiner Rede im Bundestag versprach Merz an diesem Dienstag noch einmal, im Bundeshaushalt weiter zu sparen, trotz der neuen Möglichkeiten der Verschuldung. Das wird er wohl müssen, um die Wohltaten aus dem Sondierungspapier zu finanzieren – die Voraussetzung für ein Zustandekommen seiner Regierungskoalition.

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