Der Haushaltsstreit, hohe Zinsen und steigende Energiepreise führen dazu, dass verschiedene Branchen für das kommende Jahr kein Wachstum erwarten. Im Gegenteil: Die Mehrheit geht laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft von einem Produktions- oder Geschäftsrückgang aus.
Die Mehrheit der Branchen der deutschen Wirtschaft blickt pessimistisch ins kommende Jahr. Wie eine Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) unter 47 deutschen Wirtschaftsverbänden ergab, beschreiben 30 von ihnen die aktuelle Lage im Jahresvergleich als schlechter – und nur neun gehen von einer höheren Produktivität im nächsten Jahr aus. Besonders düster blicken energieintensive Firmen ins neue Jahr.
„Selten war die Lage so düster wie derzeit, und selten war die Prognose so pessimistisch“, lautet die Zusammenfassung der Autorinnen und Autoren der Studie. Mit einer wesentlichen Verschlechterung rechnen laut Studie vor allem energieintensive Branchen, etwa Gießereien, die keramische Industrie, die Lederindustrie sowie die Kunststoffverarbeitung. Auch die Immobilienwirtschaft, Baugewerbe und Bauindustrie sowie Banken und Sparkassen sind angesichts der hohen Zinsen pessimistisch.
Befragt wurden im November und Dezember 47 Verbände. 30 von ihnen bewerten ihre aktuelle Lage noch einmal schlechter als vor einem Jahr, als bereits wegen der Energiekrise „keine gute Stimmung in der deutschen Wirtschaft zu verzeichnen war“, wie das IW ausführte. Sechs Branchen bewerten ihre aktuelle Lage besser, zum Beispiel die Tourismuswirtschaft, elf sehen sie unverändert.
Nur neun der 47 Wirtschaftsverbände erwarten kommendes Jahr ein höheres Produktionsniveau, etwa die Pharmaindustrie und die Automobilindustrie, die auf bessere Produktionsbedingungen verweist. Kein einziger Verband geht dabei allerdings von einer wesentlich höheren Produktion aus. Demgegenüber erwarten 23 Verbände einen Produktions- oder Geschäftsrückgang, 15 Verbände gehen von einem gleichbleibenden Niveau aus.
Dieses Bild hat auch Folgen für die Beschäftigung: Nur fünf Verbände melden für 2024 einen Beschäftigungsaufbau, 23 Wirtschaftsverbände erwarten einen Rückgang und 19 eine stabile Beschäftigung. „Die deutsche Wirtschaft leidet flächendeckend darunter, dass sie nicht planen kann“, erklärte IW-Direktor Michael Hüther. Das „Desaster um den Haushalt“ in der Regierungskoalition zeige, wie gravierend die Lage sei.
Im Deutschlandfunk sagte Hüther, es fehle an Vertrauen in die Rahmenbedingungen. Er forderte vor diesem Hintergrund die Bundesregierung auf, mit der Opposition zusammenzuarbeiten. Er lehnte eine Aufhebung der Schuldenbremse ab, schlug aber einen gesamtstaatlichen Investitions- und Transformationsfonds vor. Dieser müsse im Grundgesetz verankert werden. Andernfalls drohten eine weitere Deindustrialisierung und Abwanderung ins Ausland.
Die Auskunftei Schufa veröffentlichte eine eigene Umfrage unter Kleinstunternehmen und Soloselbständigen, die ebenfalls mehrheitlich sorgenvoll in die Zukunft blicken. Als größte Herausforderungen nannten die Befragten die allgemeinen Preissteigerungen (79 Prozent der Kleinstbetriebe und 65 Prozent der Soloselbständigen) und die Bürokratie (70 Prozent beziehungsweise 47 Prozent).
Außerdem gaben 40 Prozent der Kleinstunternehmen und 36 Prozent der Soloselbständigen an, weniger Aufträge zu haben als im Vorjahr. 60 Prozent der Kleinstunternehmen und 53 Prozent der Soloselbständigen haben daher Angst vor Umsatzeinbußen beziehungsweise Einkommensverlusten – auch wegen nicht bezahlter Rechnungen von Kunden. Befragt wurden im November 509 Soloselbständige und 302 Kleinstunternehmen.