Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig strebt keine Führungsposition in der aktuell kriselnden Bundes-SPD an. „Ich habe keine weiteren Ambitionen, als Ministerpräsidentin zu bleiben“, sagte Schwesig in einem Interview des NDR zur Bilanz ihrer Bundesratspräsidentschaft, die nun nach einem Jahr endet.
In Ihrer Rolle als Präsidentin der Länderkammer war Schwesig, die zehn Jahre lang SPD-Bundesvize und bis zu ihrer Krebserkrankung 2019 kurzzeitige auch kommissarisch Bundesvorsitzende gewesen ist, wieder verstärkt bundespolitisch in Erscheinung getreten.
Dazu gehörten ihre Reisen in die Ukraine mit einem klaren Bekenntnis auch zur militärischen Unterstützung des von Russland überfallenen Landes und zum Holocaust-Gedenken im polnischen Auschwitz. Außerdem hatte sie die zentrale Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Schwerin genutzt, um eine stärkere Wahrnehmung des Ostens einzufordern, „in Debatten genauso wie in Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“, betonte sie.
Sie sehe nach dem Ende der Bundesratspräsidentschaft zum 31. Oktober ihre Rolle weiter als Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, werde sich dann aber bundespolitisch einmischen, wenn es wichtig sei für die Menschen im Land und in ganz Ostdeutschland. Als Beispiel nannte Schwesig das Thema Rente. Gerade für die Menschen im Osten sei es sehr wichtig, dass die Rente stabil bleibe. „Mein Eindruck ist, dass ich weiter meine Stimme erheben kann, dafür aber nicht alle Ämter machen muss“, sagte die 50-Jährige.
Für die Zeit ihrer Bundesratspräsidentschaft zog Schwesig ein insgesamt positives Fazit. Dazu hätten auch die Auslandsreisen maßgeblich beigetragen. „Unser Ziel war, unser Land zu präsentieren und für unser Land zu werben“, sagte sie. Das sei – auch mit Hilfe der Wirtschaftsvertreter, die sie begleiteten – gelungen. Bei Besuchen in den Niederlanden oder in Brasilien seien millionenschwere Investitionen vereinbart und neue wirtschaftliche Kontakte geknüpft worden. „Im Bereich des Exports haben wir in den letzten Jahren zugelegt. Aber wir haben weiter Luft nach oben“, betonte die Regierungschefin.
Der von polnischer Seite abgesagte Besuch in der Hauptstadt Warschau tue den guten nachbarschaftlichen Beziehungen keinen Abbruch. Sie habe gute Gespräche unter anderem mit ihrer polnischen Amtskollegin geführt und sei auch darüber hinaus freundlich aufgenommen worden. „Ich habe eine große Wertschätzung kennengelernt gegenüber unserem Bundesland, auch gegenüber meiner Person. Und ich bin ganz sicher, dass ich an diese Erfahrungen und politischen Kontakte anknüpfen werde“, sagte Schwesig.
Von der Opposition im Landtag war die Absage des Warschaubesuchs stets als Beleg dafür gewertet worden, dass Schwesig wegen ihrer Unterstützung für die von Russland initiierte Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 in Polen unverändert auf Ablehnung stößt. Polen hatte sich vehement gegen das Projekt gewehrt.
Schwesig räumte erneut ein, dass der von ihr und auch von mehreren Bundesregierungen verfolgte Kurs, mit Russland einen kritischen Dialog zu führen und gleichzeitig wirtschaftlich zusammenzuarbeiten, gescheitert sei.
„Ich stehe zu dem, was ich damals entschieden habe. Aber klar ist auch, dass mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine Zeitenwende eingetroffen ist“, sagte die Schweriner Regierungschefin. Damit könne Russland kein Partner mehr sein. Sie sei bewusst als erste Bundesratspräsidentin in die Ukraine gereist, um die Solidarität mit dem Land zu verdeutlichen und als erstes ostdeutsches Bundesland habe Mecklenburg-Vorpommern auch eine regionale Partnerschaft geschlossen.
Mit Blick auf die Landtagswahlen in zwei Jahren zeigte sich Schwesig gewillt, erneut als Spitzenkandidatin der SPD anzutreten. „Wenn meine Partei es möchte, trete ich 2026 gerne wieder an. Und dann werden die Bürgerinnen und Bürger das Wort haben“, sagte sie. Schwesig lobte ihren aktuellen Koalitionspartner. Der Wechsel nach der Landtagswahl 2021 von der CDU zur Linken habe sich als richtig erwiesen, die Zusammenarbeit laufe trotz unterschiedlicher Auffassungen in einzelnen Fragen zielorientiert und sehr vertrauensvoll.
Zur Linken-Abspaltung BSW äußerte sich Schwesig zurückhaltend, schloss eine Koalition mit dem Bündnis im Land für die Zukunft nicht aus. Zwar versuche das BSW wie auch die AfD, die Ängste und Sorgen der Bürger für sich auszunutzen, doch gebe es gegen das BSW nicht solche harten Vorwürfe des Rechtsextremismus. Eine Einschätzung zum BSW könne sie aber erst dann treffen, wenn es einen Landesverband gebe, das Programm und die handelnden Personen bekannt seien.