In der Diskussion um einen Polizeieinsatz in einer Schule in Mecklenburg-Vorpommern wegen mutmaßlicher rechter Internet-Posts einer 16-Jährigen kehrt keine Ruhe ein. Am Vormittag ging im Polizeihauptrevier Greifswald in der Causa ein Drohanruf ein. Ein männlicher Anrufer habe angegeben, am Ribnitzer Gymnasium Amok laufen zu wollen. Ein Funkstreifenwagen war schnell an der Schule, die Beamten konnten Entwarnung geben. Es sei nicht von einer Ernsthaftigkeit auszugehen, hieß es.
Drohungen gab es in den vergangenen Woche zahlreiche, vor allem gegen den Schulleiter des Gymnasiums in Ribnitz-Damgarten, da dieser Postings der Schülerin der Polizei gemeldet hatte. „Der Schulleiter hat richtig gehandelt“, erklärten nun die Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) laut einer Mitteilung. Und: „Wir begrüßen, dass in dieser Schule genau auf extremistische Bestrebungen geschaut wird.“
Die GEW-Landesvorsitzenden Annett Lindner und Nico Leschinski sprachen von einer „Hetzkampagne gegen die Schule und den Schulleiter“ und verurteilten diese. Sie sei von rechts orchestriert und diene dazu, Lehrkräfte einzuschüchtern, die sich im Unterricht kritisch mit rechtsextremen und menschenfeindlichen Tendenzen auseinandersetzen.
Die Polizei hatte zuvor weitere Details mitgeteilt und klargestellt, dass der Anlass für den Einsatz Ende Februar kein in sozialen Medien veröffentlichtes „Schlumpf-Video“ gewesen sei. Vielmehr seien von einer Hinweisgeberin Screenshots eingegangen, mit Sprüchen wie „nix yallah yallah“ und „in Deutschland wird deutsch gesprochen“. Auf einem der Screenshots sei der Kopf einer augenscheinlich weiblichen und vermummten Person mit offenbar hellem Haar, beschrifteter Strickmütze und Kapuze abgebildet, sodass lediglich die Augenpartie zu sehen sei.
In einer vermutlich auf Instagram gezeigten Profilbeschreibung stehe „heimat freiheit tradition, multikulti endstation“ dahinter eine Deutschlandfahne und mutmaßliche Runenzeichen sowie darunter die Zahl 1161 und diverse Hashtags. Die Zahl 1161 wird unter anderem im Internet als Code für „Anti-Antifaschismus Aktion“ genutzt. Auf den Kapuzenpullover sind die Buchstaben „HH“ aufgestickt. In der Szene stehen sie für „Heil Hitler“. Die Posts und die Profilbeschreibung seien der 16-Jährigen zuzuordnen, sagte ein Polizeisprecher.
Die Polizei hatte laut NDR daraufhin ein Aufklärungsgespräch mit der Schülerin geführt, „mit präventivem Charakter“. Die Mitschüler hätten davon nach Angaben der Beamten nichts mitbekommen. Die AfD skandalisiert die Vorgänge dagegen: Demnach sei das Mädchen aus dem Unterricht geholt worden. Der Landtagsabgeordnete Enrico Schult behauptete gar, die 16-Jährige sei aus dem Unterricht „abgeführt“ worden. Die Fraktion veröffentlichte reißerische Handschellen-Fotos. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch behauptete, Anzeige gegen den Schulleiter gestellt zu haben. Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel sprach von „staatlicher Gängelung“. Der Berliner AfD-Politiker Georg Pazderski rückte den Vorgang in die Nähe von Stasi-Methoden, wie der NDR zusammenfasst.
Die Mutter der 16-Jährigen hatte dagegen in einem Interview mit der Jungen Freiheit erzählt, bei dem Polizeieinsatz sei es um ein „Schlümpfe-Video“ gegangen. Ihre Tochter habe dieses vor einigen Monaten auf der Social-Media-Plattform TikTok gepostet. Darin hieß es, dass Schlümpfe und Deutschland etwas gemeinsam hätten: Die Schlümpfe seien blau und Deutschland auch. „Das war wohl ein witziger AfD-Werbe-Post. Und dann hat sie einmal gepostet, dass Deutschland kein Ort, sondern Heimat ist“, so die Mutter. Dem trat die Polizei mit ihren neuen Details nun entgegen.
Bereits vergangene Woche hatte das Landesbildungsministerium erklärt, aufgrund zahlreicher E-Mails und Drohanrufe an der Schule ermittele der polizeiliche Staatsschutz. Die Linke im Schweriner Landtag sprach am Montag von einer orchestrierten Hetzkampagne gegen den Schulleiter, die brandgefährlich sei. Dieser habe lediglich einen meldepflichtigen Hinweis ordnungsgemäß weitergeleitet, befand der innenpolitische Sprecher, Michael Noetzel.
An der betroffenen Schule kam es indes am Montag zu einem weiteren Polizeieinsatz. Sie sei am Morgen verständigt worden, dass sich Menschen auf dem Dach befinden und dort ein Plakat anbringen, sagte eine Polizeisprecherin. Ein Video im Internet zeigt schwarz gekleidete Menschen, die ein Transparent mit der Aufschrift „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ vom Dach lassen, auf dem auch ein Schlumpf abgebildet ist. Vor Ort stellte die Polizei ein entsprechendes Plakat sicher, wie eine Sprecherin sagte. Man ermittle nun gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs, denn die Urheber seien nicht mehr zugegen gewesen.