Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat im Streit um die Steuerbefreiung für Agrardiesel Einigungswillen signalisiert und will nicht auf den vollen Erhalt der Subvention bestehen. „Wir sind kompromissbereit, wenn es im Gegenzug zu Mehrbelastungen beim Kraftstoff an anderer Stelle zu realen Entlastungen kommt“, sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken der „Welt am Sonntag. „Wir wollen unseren Mitgliedern nicht vorspielen, dass wer am lautesten schreit, am besten Gehör findet.“
Die Unionsfraktion im Bundestag fordert eine rasche Einigung. „Es ist ratsam, den Landwirten jetzt entgegenzukommen – nicht nur aus inhaltlichen Gründen, sondern auch, um jeglichen Radikalisierungstendenzen von Einzelnen, die nicht für die breite Masse der friedlich protestierenden Bauernschaft stehen, die Grundlage zu entziehen“, sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Steffen Bilger. Jeder mögliche Kompromiss müsse mit den Landwirten besprochen werden, sonst werde er sein Ziel verfehlen.
Die Bundesländer hatten bei einem Treffen am Mittwoch von der Bundesregierung schnellstmöglich Entlastungen für die Landwirtschaft gefordert. Nicht nur ein Verzicht auf weitere Belastungen sei erforderlich, erklärten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten nach ihrer Konferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Sie riefen auch dazu auf, „die Landwirtschaft schnellstmöglich effektiv und substanziell zu entlasten“.
Die Länder hatten bereits nach dem Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag zum geplanten Wachstumspaket deutlich gemacht, dass sie vor der nächsten Bundesratssitzung am 22. März Vorschläge zugunsten der Landwirte erwarten. Einzelne Länder betonten nun in Protokollerklärungen, dass sie die Kürzungen beim Agrardiesel in der aktuellen Lage nach wie vor für falsch hielten. Unionsgeführte Länder hatten ihre Zustimmung zum im Bundestag bereits beschlossenen Wachstumschancengesetz an eine Rücknahme dieser Kürzungen geknüpft.
Bayern forderte außerdem konkret eine Steuerbefreiung für Biokraftstoffe und die Möglichkeit für Landwirte, eine steuerliche Rücklage für schlechte Jahre zu bilden. Schleswig-Holstein verlangte laut Protokollerklärung zudem ein Paket zur Entlastung von Bürokratie und Berichtspflichten.
Bei den Bauernprotesten der vergangenen Wochen kamen vielerorts Menschen zu Schaden. Das ergab eine Umfrage des „Spiegel“ bei den Innenministerien der Länder. In Brandenburg wurden am vergangenen Montag fünf Menschen bei einer nicht angemeldeten Aktion verletzt. Landwirte hatten in der Nacht Gülle, Mist und Holz auf einer Bundesstraße verteilt. In Rheinland-Pfalz kam es durch die Bauernproteste zu insgesamt 14 Verkehrsunfällen. In Sachsen-Anhalt sind 43 strafrechtliche Ermittlungsverfahren anhängig, 15 Versammlungen waren nicht angemeldet.