Bei der Bundestagswahl sind CDU und CSU mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz klar stärkste Kraft geworden. Den Hochrechnungen zufolge bleibt die Union allerdings unter ihrem Wahlziel von deutlich mehr als 30 Prozent. Sollten FDP und BSW in den Bundestag einziehen, hätte eine mögliche Bundesregierung aus Union und SPD keine Mehrheit. Merz wäre auf zwei weitere Parteien angewiesen.
Merz sprach bei einem Auftritt im Konrad-Adenauer-Haus dennoch von einem „historischen Wahlabend“. Die Union habe die Wahl gewonnen. „Ich weiß um die Verantwortung, ich weiß auch um die Dimension der Aufgabe“, sagte er.
Deutschland könne sich keine langatmige Regierungsbildung leisten, so der CDU-Chef: „Die Welt da draußen wartet nicht auf uns.“ Mit Blick auf die anderen Parteien sagte Merz, der Wahlkampf sei hart gewesen, „aber jetzt werden wir miteinander reden“ und eine Koalition „mit einer guten parlamentarischen Mehrheit“ bilden. Unter dem Jubel der CDU-Anhänger sagte er, jetzt sei „Rambo Zambo“ im Adenauerhaus: Heute Abend werde gefeiert, ab morgen werde gearbeitet.
Auf Platz zwei kommt nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF die AfD. Beide Sender sehen die Partei bei rund 20 Prozent, eine Verdoppelung des Ergebnisses von 2021. „Die CDU hat uns noch überholt, das nächste Mal wird sie das nicht mehr schaffen“, sagte AfD-Chefin Alice Weidel bei RTL und ntv. „Die Prognose gebe ich hier ab: Wir werden keine vier Jahre mehr warten müssen, wir werden die CDU überholen. Weil die CDU ihre Wähler betrügt, von uns abschreibt und nur linke Politik macht.“
Die SPD ist auf ihr schlechtestes Bundestagswahlergebnis seit 1949 abgestürzt. Vor drei Jahren hatte sie noch 25,7 erreicht. Bundeskanzler Olaf Scholz gestand die Niederlage ein. „Das ist ein bitteres Wahlergebnis“, sagte er im Willy-Brandt-Haus, das müsse „klar und deutlich gesagt werden“. Die SPD müsse nun „gemeinsam nach vorne gehen“. Er gratulierte Merz „zu dem Auftrag, die nächste Regierung zu bilden“.
SPD-Chef Lars Klingbeil sagte, das Wahlergebnis müsse Konsequenzen haben. „Auch personell. Der Generationenwechsel in der SPD muss jetzt eingeleitet werden.“ Die Äußerung könnte als Hinweis auf eigene Ambitionen verstanden werden; Klingbeil ist 47 Jahre alt, Verteidigungsminister Boris Pistorius, der beliebteste Politiker Deutschlands, ist 64.
Die Grünen mit Kanzlerkandidat Robert Habeck verlieren als einzige der drei Ampel-Parteien nur leicht. Je nach Abschneiden der kleinen Parteien könnte die Union sie für eine Kenia-Koalition brauchen. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte bei RTL und ntv, ihre Partei sei „bereit, diese Koalitionsgespräche zu führen“, aber „wir werden da mit eigenen Erwartungen hereingehen“. Merz habe den Wahlkampf genutzt, „um das Land zu spalten und aus unserer Sicht ist es der Job eines Kanzlers, das Land zusammenzuführen“.
Die Linke hat den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde klar geschafft. Die FDP muss dagegen um die Rückkehr in den Bundestag bangen. Das gilt auch für das BSW der früheren Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht.
„Wir werden noch zittern müssen“, sagt BSW-Chefin Sahra Wagenknecht. Aber unabhängig vom Ergebnis sei es schon beeindruckend, wo das BSW stehe. „Wir haben das großartig gemacht.“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte bei RTL und ntv, eine Dreier-Koalition wäre schwierig. „Wenn wir eine Konstellation hätten, wo wir zwei Partner hätten, also drei insgesamt, ähnlich wie bei der Ampel, dann wäre das nicht gut für Deutschland“, sagte er. Wenn man einen Partner habe, könne man sich „zusammensetzen und die Lage beschreiben“. Wenn man in der Lagebeschreibung dann einer Meinung sei, dann werde man das hinbekommen. „Aber dafür braucht man einen Partner, bei zwei Partnern wird schwierig, klar.“
Nach einer Prognose von Infratest dimap lag die Wahlbeteiligung bei 84 Prozent. Das wäre die höchste Wahlbeteiligung seit 1990.