Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius will den neuen Wehrdienst noch dieses Jahr starten, wenn er sein Amt auch in der neuen Regierung weiterführt. „Das entsprechende Gesetz ist weitgehend vorbereitet, es könnte noch dieses Jahr in Kraft treten“, sagte Pistorius dem „Spiegel“. Sein Haus könne „zügig einen Entwurf vorlegen“.
Pistorius will sich beim Wehrdienst am Modell orientieren, das in Schweden gilt. Männer ab 18 Jahren müssen demnach einen Fragebogen ausfüllen. „Das gewährleistet die Wehrerfassung. Dann spricht die Bundeswehr die für sie geeigneten Personen an, ob sie einen Grundwehrdienst ableisten wollen“, so Pistorius. Die möglichen Koalitionspartner von CDU, CSU und SPD hatten sich darauf geeinigt, dass der Wehrdienst „zunächst“ freiwillig sein soll.
Probleme, damit den Personalbedarf der Bundeswehr decken zu können, erwartet Pistorius nicht. „Die Schweden haben das über mehrere Jahre erfolgreich praktiziert. Auch wir gehen davon aus, dass wir in den ersten Jahren genügend Freiwillige gewinnen können, über eine Pflicht müssen wir dann gar nicht diskutieren“, sagte er. Nur wenn die Zahlen am Ende zu klein ausfallen würden, so der SPD-Politiker, „wäre über Pflichtelemente zu entscheiden“.
Pistorius sagte, er wisse „nicht zu 100 Prozent“, ob er das Amt des Verteidigungsministers in einer neuen Regierung weiterführe. Das Personaltableau der SPD werde erst nach dem Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag vorgestellt. „Aber es spricht einiges dafür“, so der Sozialdemokrat.
Pistorius hält an Waffen aus USA fest
Für die Zukunft sieht der Verteidigungsminister auch keine Abkehr Deutschlands bei den Waffenbeschaffungen von den USA. Deutschland werde „natürlich auch weiterhin auf dem amerikanischen Markt einkaufen“, sagte der SPD-Politiker dem „Spiegel“. Kritik an der Beschaffung des Kampfjets F-35 wegen der Drohungen von US-Präsident Donald Trump etwa gegen Grönland wies er zurück. „Ich kenne kein Land, das von seinen Verträgen zurückgetreten ist bei der F-35, und ich halte das auch für richtig.“
Die F-35 sei ein multinationales Projekt. „Acht Länder haben sich an der Entwicklung beteiligt, darunter fünf Europäer. 14 Nato-Nationen nutzen aktuell oder künftig die F-35“, sagte Pistorius. Bestimmte Teile würden außerhalb der USA gefertigt, für den Rumpf etwa in Deutschland. „Niemand kann bestreiten, dass es bei solchen Verträgen auch Unwägbarkeiten gibt. Aber die Alternative, daraus jetzt auszusteigen, wäre mit Milliardenkosten verbunden“, warnte der Verteidigungsminister. „Zugleich haben wir kein anderes Flugzeug für die nukleare Teilhabe in der Nato. Das zeigt wieder einmal: Wir sollten uns nicht von aufgeregten Debatten leiten lassen.“
Die Sorge, dass die USA im Ernstfall die Jets aus der Ferne stilllegen könnten, teilt Pistorius nicht. „Unsere Experten sagen mir, dass es diesen Killswitch nicht gibt. Im Übrigen würde so etwas einen gewaltigen Vertrauensverlust für die amerikanische Rüstungsindustrie nach sich ziehen“, sagte Pistorius. Zudem würden die USA damit ihre nukleare Einsatzfähigkeit in Europa selbst einschränken. Das Vorgehen der Amerikaner sei zwar „weniger vorhersehbar“ geworden. Aber das „muss noch nicht bedeuten, dass wir uns gar nicht mehr wechselseitig aufeinander verlassen könnten“.