Sonntag, 24.November 2024 | 12:15

Parteien in MV uneins über Änderung des Landeswahlrechts

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Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Reform des Bundestags-Wahlrechts mehren sich auch in Mecklenburg-Vorpommern die Stimmen, die Änderung im Landeswahlgesetz für nötig erachten. Einige Parteien plädieren einer dpa-Umfrage zufolge dafür, auch die Größe des Landtags generell zu beschränken und gleich auch die bisherige Fünf-Prozent-Hürde auf drei Prozent abzusenken. Auch über das Wahlalter wird erneut diskutiert.

Strittig ist, ob nach dem Beispiel des Bundes künftig auch in MV nur noch das Zweitstimmenergebnis einer Partei entscheidend dafür sein soll, wie viele Abgeordnete sie in den Landtag schicken kann. Damit bliebe direkt gewählten Kandidaten unter Umständen der Einzug verwehrt, weil sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate wegfallen.

Diese Änderung gilt als Reform-Kernstück der Berliner Ampel-Koalition und behielt jüngst auch vor dem Verfassungsgericht Bestand. Damit soll die Größe des Bundestags auf 630 Abgeordnete begrenzt werden, aktuell zählt er 733 Mitglieder.

Bei der Landtagswahl 2021 hatte mit Wahlsieger SPD erstmals auch in Mecklenburg-Vorpommern eine Partei mehr Mandate durch Direktwahl in den Wahlkreisen gewonnen, als ihr nach Zweitstimmen zustanden. In der Folge zählt der Landtag nun 79 statt regulär 71 Abgeordnete. Nach Angaben des Landtags sind damit Zusatzkosten von jährlich etwa 1,36 Millionen Euro verbunden.

Die SPD verweist darauf, dass es sich dabei um ein einmaliges Ereignis im Laufe von bislang acht Landtagswahlen handele. „Mit Blick auf die Ausgleichs- und Übergangmandate sehen wir als SPD-Landtagsfraktion keinen Handlungsbedarf“, erklärte deren parlamentarischer Geschäftsführer Philipp da Cunha. Das bisherige Wahlsystem in MV habe sich bewährt.

Auch CDU-Fraktions- und Parteichef Daniel Peters hält eine Änderung des Wahlrechts nach Berliner Vorbild nicht für geboten. „Anders als im Deutschen Bundestag sind Überhang- und Überhangausgleichsmandate im Landtag die große Ausnahme und nicht die Regel“, sagte er zur Begründung. Zudem wandte er sich gegen eine Schwächung des Direktmandats. „Wer seinen Wahlkreis gewinnt, muss auch dem Parlament angehören“, betonte Peters.

Den Argumenten schloss sich weitgehend auch Grünen-Fraktionschefin Constanze Oehlrich an. „Die Lage bei uns ist deutlich entspannter als im Deutschen Bundestag“, sagte sie. Anders als dort sei die Zahl der Abgeordneten im Landtag nicht über Jahrzehnte kontinuierlich gewachsen, eine Zweitstimmendeckelung brauche es daher aktuell in MV nicht. „Wir sehen keinen akuten Handlungsbedarf beim Landeswahlrecht“, betonte die Oppositionspolitikerin.

Die Linke, seit 2021 Juniorpartnerin der SPD in der rot-roten Landesregierung, sieht dies ähnlich. „Was auf Bundesebene für zweckmäßig gehalten wird, ist nicht unbedingt auf die Landesebene übertragbar“, erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Torsten Koplin. Auch er plädierte dafür, am Direktmandat keine Abstriche vorzunehmen

Nach Ansicht des AfD-Abgeordneten Horst Förster gönnt sich MV, gemessen an der Bevölkerungszahl, aber ohnehin ein recht großes Parlament. „Eine Änderung des Wahlrechts dahin, dass die vorgesehene Größe von 71 Abgeordneten nicht überschritten wird, erscheint deshalb geboten“, sagte er. Die neue Maßgabe auf Bundesebene sei eine klare und praktikable Regelung, die auch das höhere Gewicht der Zweitstimme stärke.

Die FDP beklagt eine unnötige Aufblähung des Parlaments. „Eine Anpassung ist notwendig, um die Effizienz und Funktionsfähigkeit des Landtags zu gewährleisten und die Kosten für die Steuerzahler zu minimieren“, argumentiert Fraktionschef René Domke. Allerdings dürfe unter der ausschließlichen Vergabe der Sitze nach Zweitstimmenergebnis nicht die regionale Repräsentation der Wähler leiden, mahnte er.

Nachdem die Karlsruher Richter entschieden, dass die Fünf-Prozent-Hürde für sich allein verfassungswidrig ist, wird darüber auch in MV wieder debattiert. FDP und AfD plädierten für eine Verringerung auf drei Prozent, die Linke als Regierungspartei zeigte sich offen für Gespräche dazu. „Die Senkung würde die Meinungsvielfalt in den Parlamenten erhöhen, die demokratische Repräsentation erweitern und den Wählerwillen besser abbilden“, sagte der FDP-Politiker Domke. Auch kleine Parteien mit oft regionalem Bezug könnten so in den Landtag kommen, erklärte Förster von der AfD.

Die ebenfalls oppositionelle CDU befürchtet nach den Worten von Peters indes durch eine abgesenkte Zugangshürde eine weitere Zersplitterung des Parlaments und eine Beeinträchtigung von dessen Arbeitsfähigkeit. Die Grünen hielten sich bedeckt. Vor einer Entscheidung dazu wolle ihre Fraktion eine entsprechende Neuregelung auf Bundesebene abwarten, sagte Oehlrich. Dabei geht es auch um die Zukunft der sogenannten Grundmandatsklausel für kleine Parteien, die ihnen bislang bei drei gewonnenen Direktmandaten den Einzug in den Bundestag auch dann sichert, wenn sie unter fünf Prozent bleiben. Das sollte abgeschafft werden, doch legten die Verfassungsrichter ihr Veto ein.

Die Grünen nutzten die aktuelle Debatte, um erneut das Wahlalter zum Thema zu machen. „Meine Fraktion setzt sich für das Wahlalter 14 bei Landtagswahlen ein. Mehr politische Teilhabe verringert die Distanz junger Menschen zur Politik. Von den heutigen politischen Entscheidungen sind junge Menschen am längsten betroffen – darum müssen sie mitentscheiden dürfen“, sagte Oehlrich zur Begründung.

Dem trat CDU-Fraktions- und Landesparteichef Peters entschieden entgegen: „Das Wahlalter mit 16 halten wir für einen Fehler. Die entsprechende Regelung sollte geändert werden, so dass wieder ab 18 gewählt werden darf“, forderte er eine Rückkehr zur früheren Regelung. Einer 2022 im Landtag beschlossenen Gesetzesänderung zufolge dürfen an der Landtagswahl 2026 erstmals in MV auch 16- und 17-Jährige teilnehmen.

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