Freitag, 29.November 2024 | 02:52

ÖPNV-Anbindung wichtig bei Flüchtlingsunterbringung

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Die Proteste im mecklenburgischen Upahl gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft reißen nicht ab. Auch am Samstag haben sich laut Polizeiangaben rund 500 Menschen friedlich zu einem Laternenumzug versammelt, um gegen die Einrichtung für 400 Menschen zu demonstrieren.

Aus Sicht von Greifswalds Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) entstehen Herausforderungen vor allem dann, wenn etwa viele Menschen dorthin kämen, wo wenige wohnten. Vor allem in der schlechten Verkehrsanbindung kleinerer Orte sehe er ein Problem. In Greifswald habe man positive Erfahrungen gemacht. Das liege auch an dem guten öffentlichen Nahverkehr, den Bildungs- und Kulturangeboten, der Gesundheitsversorgung. „Und es gibt in Greifswald auch eine Bereitschaft vor allem im ehrenamtlichen Bereich, in diesen Aufgaben zu unterstützen.“

In Upahl mit seinen nur rund 500 Einwohnern gibt es das nicht in dieser Form. Deshalb und aufgrund der sehr kurzfristigen Information des zuständigen Kreises Nordwestmecklenburg kam es bei einer Demonstration während der entscheidenden Sitzung des Kreistages vor dem Veranstaltungsort Ende Januar zu Tumulten. Der Protest hält sich seitdem.

Fassbinder verwies auf jüngste Forderungen des Städte- und Gemeindetags, zu dessen Vorstand er gehört, nach einer Erweiterung der Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes. „Damit die Kommunen etwas mehr Vorlauf haben.“ Der derzeitige Vorlauf von zwei Wochen sei für die Landkreise kaum zu bewältigen.

Hintergrund der aktuellen Belastung der Kommunen ist der erneute Anstieg der Zahl der in Deutschland registrierten Asylsuchenden. Anders als die ebenfalls ins Land kommenden Menschen aus der Ukraine werden diese laut Angaben der Landesregierung zuerst in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. An diesen mangelt es in Nordwestmecklenburg, hier musste bereits wieder auf Turnhallen zurückgegriffen werden. Andere Kreise in Mecklenburg-Vorpommern sind ebenfalls stark gefordert und müssen ausbauen, an der Kapazitätsgrenze waren sie jedoch bislang noch nicht.

In Greifswald soll eine dritte Gemeinschaftsunterkunft mit mehr als 130 Plätzen in einem stillgelegten Hotel entstehen. In den beiden anderen Gemeinschaftsunterkünften der 60.000-Einwohner-Stadt waren nach Zahlen des Schweriner Innenministeriums Ende 2022 mehr als 400 Menschen untergebracht. Die Hansestadt habe sich bereits vor einiger Zeit per Bürgerschaftsbeschluss dem Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ angeschlossen und sich damit dazu bereit erklärt, mehr Geflüchtete aufzunehmen, als rein rechnerisch zugewiesen würden, sagte Fassbinder. Anders als die kreisfreien Städte Schwerin und Rostock nimmt Greifswald damit seinem Kreis Vorpommern-Greifswald Last ab.

Natürlich gebe es auch in Greifswald Probleme. Man tue hier aber viel dafür, dass diese gar nicht erst entstehen, etwa wenn Menschen monate- oder jahrelang gelangweilt in Unterkünften sitzen. „Natürlich darf man die Menschen nicht sich selbst überlassen.“ Das sei seiner Ansicht nach erst einmal Aufgabe des Staates. Er habe sich selbst auch als Student ehrenamtlich um Geflüchtete aus Jugoslawien gekümmert. „Aber man darf es nicht vollkommen aufs Ehrenamt abwälzen.“ Versäumnisse der Bundesregierung sieht er unter anderem bei fehlenden Sprachkursen.

Deutschland habe es in den zurückliegenden Jahrzehnten zudem versäumt, legale Zuwanderung zu ermöglichen, wie dies etwa Kanada, Australien oder die USA täten. Viele Menschen würden sich bei entsprechenden Möglichkeiten geordnet und nicht illegal auf den Weg machen. „Was natürlich für alle Beteiligten, der viel, viel bessere Weg ist. Das ist ganz klar. Also ich bin jetzt kein Freund illegaler Einwanderung, weil das ist mit viel Leid verbunden.“

Gleichzeitig werde es immer eine aus der Not heraus geborene Einwanderung geben. Es sei eine Illusion, derartige Einwanderung stoppen zu wollen. „Und da müssen wir humanitär mit umgehen.“

Insgesamt sieht Fassbinder die Zuwanderung als Chance, die jedoch aktiv angepackt werden müsse: „Von selber passiert das nicht“. Er nannte hier sowohl Sprachkurse als auch psychosoziale Betreuung oder Begegnungszentren. „Es gibt eine ganz einfache Zahl, die ich immer wieder nenne. Wir brauchen jedes Jahr eine Zuwanderung von 500.000 bis 700 000 Menschen, um unser Arbeitskräftepotenzial auch nur zu halten, nicht zu steigern.“

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