Zwei Wochen vor der geplanten Wahl des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler sind sowohl das Ansehen seiner Person als auch seiner Partei auf Talfahrt. Das im Auftrag von RTL und „stern“ abgefragte Eigenschaftsprofil fällt in fast allen Kategorien schlechter aus als noch vor der Bundestagswahl im Januar. Nur noch 40 Prozent der Befragten halten Merz nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen mit der SPD für „führungsstark“ – 9 Prozentpunkte weniger als im Januar. Ebenfalls um 9 Punkte herunter ging es in der Kategorie „weiß, was die Menschen bewegt“: Das sprechen nur noch 27 Prozent der Befragten dem Kanzler in spe zu.
61 Prozent finden, Merz rede „verständlich“. Das sind vier Punkte weniger als vor der Wahl. Um drei Prozentpunkte rutschte Merz bei der Frage nach seiner Kompetenz ab. Nur 40 Prozent der Befragten halten den Unionsfraktionsvorsitzenden für „kompetent“. Noch schlechter: Nur 21 Prozent der Menschen halten Merz für „vertrauenswürdig“ – ebenfalls drei Punkte weniger als vor der Wahl. Zumindest ein Wert steigt: 17 Prozent der Befragten finden den Sauerländer sympathisch, ein Punkt mehr noch als im Januar.
Entsprechend gering sind die Erwartungen an die Regierungszeit von Merz. Nur 42 Prozent der Befragten glauben, der Christdemokrat werde das Land besser regieren als der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz. 53 Prozent erwarten das hingegen nicht. Merz soll am 6. Mai vom Bundestag zum Regierungschef gewählt werden. Vorher muss noch die SPD-Basis dem Koalitionsvertrag zustimmen. Die Mitgliederbefragung endet am 29. April.
Zumindest unter den Anhängern der Union ist der Optimismus groß: 86 Prozent erwarten einen besseren Kanzler als Scholz. Bei den Anhängern der SPD sind es 24 Prozent. Unter den Anhängern der Grünen, die sich während der Ampelkoalition oft schwertaten mit Scholz, erwarten 31 Prozent, dass Merz Deutschland besser regieren werde. Bei der Linken sind es 21 Prozent, bei den Anhängern der AfD 22 Prozent.
Merz muss sich erkennbar noch immer damit herumschlagen, dass sich Wähler von der CDU getäuscht fühlen. Im Wahlkampf hatte Merz noch ein weitgehendes Festhalten an der Schuldenbremse in Aussicht gestellt. Binnen weniger Wochen drückten Union und SPD mit den Stimmen der Grünen eine Grundgesetzänderung durch, die die Schuldenregel weitgehend aushebelte. Verteidigungsausgaben fallen nun weitgehend nicht mehr unter den Ausgabestopp, zudem wird ein 500 Milliarden Euro schwerer Sonderkredit aufgenommen, um die Infrastruktur zu modernisieren und die Wirtschaft anzukurbeln.
Zudem rumort es in der CDU, weil Mitglieder den Koalitionsvertrag nicht nur als „Union pur“ empfinden. Die SPD habe demnach in Fragen von Haushalt und Migration zu viele ihrer Positionen durchsetzen und zu viele Ministerien für sich reklamieren können. Merz hatte angekündigt, noch vor dem Sommer eine Stimmungswende im Land herbeiführen zu wollen. Die parlamentarische Sommerpause könnte daher verkürzt ausfallen. Ausweislich des aktuellen Trendbarometers steht Merz vom ersten Tag seiner Amtszeit an unter Druck: Während die Union bei 25 Prozent Zustimmung verharrt, ist die AfD mit nun 26 Prozent erstmals an CDU und CSU vorbeigezogen.