Die Lebensmittelindustrie nutzt viele Möglichkeiten, um Verbrauchern weniger Ware für mehr Geld anzudrehen. Neuerdings wird aber auch kaum erkennbar an teuren Zutaten gespart. Mitunter verteuert sich das Produkt sogar dennoch, wie die Verbraucherzentrale Hamburg aufdeckt.
Der Inhalt schrumpft, der Preis nicht: Immer häufiger verteuern Anbieter Produkte, indem sie in weitgehend gewohnter Verpackung weniger Inhalt verkaufen. Die für die Produktion der Marken gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten sollen an die Kundschaft weitergegeben werden, ohne dass die es merkt. Das Vorgehen wird gemeinhin als Mogelpackung bezeichnet oder auch neuerdings als Shrinkflation. Der Begriff Shrinkflation setzt sich aus dem englischen Wort „shrink“ für schrumpfen und aus Inflation zusammen.
Doch damit nicht genug. Neuerdings spart die Lebensmittelindustrie auch noch an wertvollen Zutaten: Rahm, Rapsöl oder auch Marzipan werden durch günstigere Alternativen, Füllstoffe oder Aromen ersetzt. Das Phänomen nennt sich Skimpflation. Das englische Wort „skimp“ heißt knausern oder einsparen und bedeutet nicht per se, dass der Preis für ein Produkt versteckt steigt (wie bei der Shrinkflation), sondern dass dessen Qualität sinkt.
Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) hat sich die Mühe gemacht und neue Rezepturen ausgewählter Produkte miteinander verglichen. So spart Arla bei seinem Mischstreichfett Kærgården die Butter und das Rapsöl ein und ersetzt diese beiden Zutaten durch Wasser. Aldi Nord reduziert bei seiner gefüllten Schokolade Amandes von Moser Roth das Marzipan; von 45 auf 38 Prozent schrumpft der Anteil.Nestlé nutzt bei seinen Cini Minis Palm- statt Sonnenblumenöl.
Auch Agrarfrost verwendet bei seinen Griddies Palmöl als Substitut. Bei der Adelholzener Alpenquellen Apfelschorle wird beim Apfelsaft (minus 5 Prozent) gespart. Beim Penny Markt Rahmspinat mit frischer Sahne wird am Spinat gespart (minus 21 Prozent). Beim Edeka Gut & Günstig Vanille Eis wurde Schlagsahne durch Kokosfett ersetzt. Aldi Nord lässt neuerdings bei seinem Markus Kaffee Gold die Kunden über den Arabica-Anteil im Unklaren. Teilweise kann Arabica durch Robusta ersetzt sein. Dieser Kaffee ist auf dem Weltmarkt deutlich günstiger als Arabica. Der „100 % Arabica“-Schriftzug auf der Verpackung wurde jedenfalls entfernt. Und vielleicht der größte Aufreger: Die Asbach GmbH hat bei seinem Asbach Uralt Weinbrand den Alkoholgehalt von 38 auf 36 Prozent reduziert.
Laut der Verbraucherschützer geht Skimpflation nicht selten mit Shrinkflation einher – also reduzierten Füllmengen bei gleichem Preis. So verbessern die Anbieter ihre Marge gleich doppelt: Sie sparen bei den Zutaten und verlangen obendrein mehr Geld pro 100 Gramm. Beispielweise hat Aldi Nord bei der gefüllten Schokolade Amandes Edel Marzipan Zartbitter die Füllmenge sowie den Marzipananteil reduziert und zusätzlich innerhalb kürzester Zeit den Preis erhöht. Auch bei Arla Kaergarden und den verschiedenen Sodastream-Sirupsorten verschlechterte sich nicht nur die Qualität, sondern es schrumpfte zusätzlich die Füllmenge.
In welchem Ausmaß Skimpflation von Herstellern angewendet wird, ist der VZHH nicht bekannt. Denn diese zu erkennen, ist schwierig. Man muss alte und neue Zutatenlisten nebeneinanderlegen können, um die in der Regel schlechtere Produktqualität zu entlarven. Ein Hinweis wie „Neue Rezeptur“ auf der Verpackung kann ein Indiz für Skimpflation sein. Manchmal wird sogar eine „Verbesserte Rezeptur“ ausgelobt, obwohl sich die Produktqualität verschlechtert hat.
Die Hersteller selbst sind bei entsprechenden Anfragen oft um keine Ausrede verlegen; meist wird auf „Wünsche“ von Verbrauchern verwiesen.