Donnerstag, 28.November 2024 | 20:42

Nach Majestätsbeleidigungs-Foul: Messi verweigert Lewandowski den Handschlag

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Die Partie zwischen Polen und Argentinien ist schon gelaufen, da kommt es zur Szene des Spiels. Lewandowski reicht Messi nach einem Foul entschuldigend die Hand – doch dieser verweigert ihm den Handschlag und starrt eiskalt in die Ferne. Dahinter steckt die komplizierte Beziehung der Superstars.

Es ist nur eine kleine Szene. Minuten vor dem Abpfiff der dramatischen WM-Partie zwischen Argentinien und Polen. Es steht 2:0, das Spiel ist gelaufen. Lionel Messi geht gegen den Robert Lewandowski am Mittelkreis ins Dribbling, doch der Ex-Bayer stellt seinen Körper rein und zupft kurz am Trikot des PSG-Stars. Der Schiedsrichter pfeift. Es ist kein hartes Foul. Falls es überhaupt eins ist. Aber in der kleinen Szene steckt doch große Bedeutung.

Das Foul ist eine Majestätsbeleidigung. So zumindest die Gestik und Mimik Messis. „La Pulga“ dreht sich mit erhobenen Armen und genervtem Blick weg vom Tatort, während Lewandowski mit dem Ball weiterrennt. Der Pole will den Pfiff nicht wahrhaben und lacht. Doch anschließend trabt er zum Argentinier und hält ihm die Hand hin, um sich entschuldigend abzuklatschen. Doch Messi verweigert ihm den Handschlag. Eiskalt. Lewandowski greift ihn noch an der Schulter, spricht zu ihm. Aber der Blick des Spielmachers geht starr nach vorne.

Natürlich besitzen diese Spitzensportler und Alpha-Männchen einen enormen Ehrgeiz. Es geht an diesem Mittwochabend immerhin um den Einzug ins Achtelfinale des größten Turnieres der Welt. Aber möglicherweise mag Messi auch zeigen: „Du bist vielleicht der neue Star beim FC Barcelona. Aber die Barça-Legende für die Ewigkeit, das bin ich.“ Unvergesslich. Uneinholbar. Unvergleichlich. „Und sollte ich im Sommer zurück kommen zu meinem Herzensklub, dann bin ich der Boss und nicht du.“

Die Spekulationen über eine sensationelle Rückkehr des PSG-Stars (Vertrag läuft im Sommer aus) zum katalanischen Klub reißen tatsächlich nicht ab. Lewandowski sagt im November, „für einen Stürmer wäre es sicher ein Traum, mit Lionel Messi zu spielen“. Auch bei der WM sind die Stars verbunden, noch bevor sie aufeinandertreffen. Denn es läuft überaus ähnlich für sie. Spiel eins vergeigen beide, in der zweiten Partie gelingt beiden die Erlösung inklusive Messi-Magie und Lewandowskis Tränen nach seinem ersten WM-Tor überhaupt.

Das Aufeinandertreffen verfolgt die Weltöffentlichkeit gespannt. Das Spiel bietet zusätzliches Drama, weil einer der beiden größten Stars des europäischen Klubfußballs in Katar ausscheiden und seine WM-Karriere beenden könnte. Besonders Messi will beim prestigeträchtigsten aller Turniere natürlich endlich den finalen Ruhm ernten.

Im Spiel wird dann jeder verlorene Zweikampf Lewandowskis lautstark von den argentinischen Fans gefeiert. Während Messi wirbelt, kurzzeitig zur tragischen Figur wird, weil er einen Elfmeter verschießt und abschließend doch noch mit seinem Team jubeln darf, wird der Pole vollkommen abgemeldet. Polens Nationaltrainer Czeslaw Michniewicz entschuldigt sich nach dem Spiel förmlich bei seinem Superstar und verkündet, man habe ihn zu wenig unterstützt. Das freilich war Teil des taktischen Plans, das Weiterkommen nicht durch ein Debakel zu gefährden. Zu direkten Duellen auf dem Rasen kommt es nur selten, bis zur kleinen, aber bedeutenden Szene kurz vor Schluss.

„Es ist nicht Messi gegen Lewandowski – es ist kein Tennismatch, es ist kein Eins-gegen-Eins. Sie schlagen sich nicht gegeneinander auf.“ So sehr sich Michniewicz vor der Partie seiner Polen gegen Argentinien auch bemüht, das Duell als ein Fußballspiel zwischen zwei Mannschaften, die um den Einzug ins Achtelfinale der Fußballweltmeisterschaft kämpfen, darzustellen, so wenig scheren sich alle anderen darum. Jede Zeitung, jeder TV-Sender, jeder Fan in Katar schreibt, berichtet, sagt sehr wohl: Lionel Messi gegen Robert Lewandowski.

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Beste von allen?“, fragt etwa der britische „Guardian“. Natürlich wird dieser Showdown dadurch noch verstärkt, dass die beiden Angriffsgladiatoren seit Jahren die besten ihres Fachs sind und nun der Pole als Barça-Stürmerstar Messi ersetzte. Ob der verweigerte Handschlag zeigt, dass dem Argentinier sein Abgang vom Herzensklub noch immer zusetzt?

Dann ist da noch das Duell um den Ballon d’Or 2021. Vielleicht spielt auch das eine Rolle beim Nicht-Handschlag? Messi gewann damals seine siebte Trophäe, aber viele in der Fußball-Fachwelt waren überzeugt, dass Weltfußballer Lewandowski den Goldenen Ball hätte mit nach Hause nehmen sollen. Im Jahr 2020 war der Preis wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt worden, der Pole hätte ihn wohl sicher erhalten. 47 Tore hatte der damalige Bayern-Stürmer 2020 erzielt, gar 64 im Jahr darauf.

Lewandowski teilte mit, er hege keinen Groll gegen Messi und der Argentinier sagte sogar, der Ballon gehöre dem Polen. Doch anschließend kracht es zwischen den Superstars. Messi stimmte bei der Weltfußballer-Wahl im Januar nicht für Lewandowski (gewann trotzdem zum zweiten Mal), sondern für seinen PSG-Kollegen Neymar. Der Pole zeigte sich enttäuscht, der Argentinier antwortete in einem Interview: „Ich bin nicht einverstanden mit dem, was er gesagt hat, aber ich habe dem nicht viel Bedeutung beigemessen. Er kann sagen, was er will. Es interessiert mich nicht.“

Aber auch so sind Fußballer: Nach dem Abpfiff im Stadion 974 umarmen sich Messi und Lewandowski doch noch und flüstern sich geheime Wörter ins Ohr. Vielleicht geht es auch um die Handschlag-Verweigerung. Anerkennend klopfen sie sich auf die Brust, wenngleich Herzlichkeit anders aussieht.

Egal, Argentinien wartet mit Messi als Gruppenerster auf Australien. Und auch Polen ist trotz Pleite tatsächlich weiter. Halb gekämpft, halb „gemogelt“. Auf jeden Fall glücklich. Aber wer fragt schon danach, sollte Lewandowski sich seine WM-Show lediglich für das Achtelfinale gegen Kylian Mbappé und dessen Franzosen aufgehoben haben. Im nächsten Duell der Superstürmer.

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