In Mecklenburg-Vorpommern haben derzeit ungewöhnlich viele Kinder und Jugendliche mit Atemwegserkrankungen durch Infektionen mit bestimmten Bakterien, sogenannten Mykoplasmen, zu kämpfen. Dabei gebe es mitunter schwere Verläufe, in deren Folge Kinder stationär behandelt und sogar mit Atemunterstützung und Sauerstoff behandelt werden müssten, sagte der Sprecher des Landesverbandes MV der Kinder- und Jugendärzte, Steffen Büchner. „Das ist was, was wir so in den letzten Jahren in der Zahl nicht gekannt haben“, sagte der in Güstrow praktizierende Arzt. Zuvor hatte die „Ostsee-Zeitung“ berichtet.
„Mykoplasmen kennen wir aus den ganzen anderen Jahren auch.“ Die Bakterien sorgten für Atemwegsinfekte. „Die Kinder sind mal abgeschlagen, haben ein bisschen Temperatur, aber so nach ein bis zwei Wochen berappeln sie sich wieder. Und das ist eben dieses Jahr anders. Wir haben dieses Jahr eben die hoch fieberhaften, die Lungenentzündungen, die komplikativen Fälle.“ Die Infektionen sind nur in Sachsen meldepflichtig, weshalb in MV keine Zahlen beim zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lagus) vorliegen.
Nach Aussage Büchners ist ein Antibiotikum zur Behandlung von Mykoplasmen-Infektionen derzeit schlecht verfügbar. „Das ist eigentlich unser größeres Problem, dass wir parallel jetzt auch eine Keuchhusten-Welle in Deutschland hatten und dementsprechend unser erstes Antibiotikum, das wir aufschreiben würden bei diesen Verläufen, gerade gar nicht verfügbar ist als Saft.“ Weil die Arznei auch zur Behandlung von Keuchhusten eingesetzt werde, seien die Reserven weitgehend schon aufgebraucht.
Der US-Gesundheitsbehörde CDC zufolge kann es zwischen ein und vier Wochen dauern, bis nach Kontakt mit den Bakterien Symptome auftreten. Am häufigsten ähneln sie einer Erkältung: Husten, Müdigkeit, Fieber oder Halsschmerzen. Bei Jüngeren können Durchfall, Erbrechen oder Keuchen auftreten. Wenn es Komplikationen gibt, können auch Asthmaanfälle oder schwere Lungenentzündungen dazukommen.
Die Krankheit beginnt eher schleichend und wird nicht unbedingt sofort erkannt. Auch weil sie anders als bei einer typischen Lungenentzündung – die unter anderem mit hohem Fieber, Schüttelfrost und starkem Husten einhergeht – eher leichtes Fieber, trockenen Husten und Kurzatmigkeit hervorruft.
Deutschlandweit waren zuletzt vermehrt Mykoplasmen-Infektionen zu beobachten. Grund für die diesjährige Welle könnten nach Einschätzung Büchners immer noch Nachholeffekte nach den Hygiene-Maßnahmen während der Corona-Pandemie sein. Er verweist auf andere Krankheitswellen: „Wir haben es 2022 ja schon gesehen mit den RSV-Infektionen.“ Im Sommer habe es eine große Adenovirus-Welle gegeben. Diese Wellen haben laut Büchner aber auch etwas Positives: „Wir werden in den nächsten Jahren, denke ich, schon eine Normalisierung bei den verschiedenen Erregern wieder erleben.“
Das Lagus hat unterdessen den ersten Wochenbericht zur Überwachung der Erkältungskrankheiten dieser Saison veröffentlicht. Das Landesamt beobachtet die Ausbreitung der Erreger, zu denen etwa die Grippe, Covid-19, RSV oder Rhinoviren gehören. Dafür greift die Behörde auf anonymisierte Daten und Proben aus 65 Arztpraxen zurück.
Zusätzlich senden etwa 70 Kindertageseinrichtungen wöchentlich Meldungen, wie viele Kinder wegen Erkältungskrankheiten nicht in die Kita kommen konnten. Den Daten zufolge wurde zuletzt am häufigsten das Coronavirus nachgewiesen.
Die Behörde rief außerdem zu Impfungen auf, je nach Risikofaktoren etwa gegen Grippe, Covid-19, aber auch Pneumokokken. Allgemein empfiehlt das Lagus zum Schutz vor Erkältungskrankheiten Händegeben, Anhusten und Anniesen zu vermeiden ebenso wie das Berühren an Augen, Nase oder Mund. Räume sollten gut gelüftet und Taschentücher sicher entsorgt werden.