Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius schließt eine Rückkehr zur Wehrpflicht nicht aus. „Es war ein Fehler, sie abzuschaffen“, sagte der SPD-Politiker der Wochenzeitung „Die Zeit“. Sie jetzt wieder einzuführen, stoße zwar auf erhebliche verfassungsrechtliche und auch strukturelle Probleme: „Die Diskussion darüber wird aber Fahrt aufnehmen.“
Er gehe stets nach dem Prinzip vor, wonach die Form der Funktion folgen müsse, sagt der Minister. Er habe daher veranlasst, dass ihm bis Ostern 2024 Pläne vorgelegt würden, wie die Struktur der Bundeswehr verändert werden müsse, damit sie die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung bestmöglich erfüllen könne. „Dann werden wir sehen, was das für die Größe der Bundeswehr und alles andere bedeutet.“
Generell müssten die Deutschen zu einem Mentalitätswechsel bereit sein. Die Zeiten einer Friedensdividende und niedrigen Ausgaben für die Verteidigung seien vorbei: „Wir müssen jetzt wieder in der Lage sein, einen möglichen Aggressor abzuschrecken.“ Und die Bundeswehr müsse „kriegstüchtig“ sein. „Ob das allen gefällt oder nicht.“
Wie auch viele Bereiche der Wirtschaft leidet die Bundeswehr unter einem akuten Bewerbermangel. Vor dem Amtsantritt von Pistorius wurde für die Truppe eine Sollstärke von 203.000 Soldatinnen und Soldaten festgelegt. Derzeit sind es lediglich 181.000. Hinzu kommen 81.500 zivile Beschäftigte.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich Anfang November skeptisch zu einer Rückkehr zur Wehrpflicht gezeigt. Er sei „sehr überrascht“ gewesen, als die Wehrpflicht im Jahr 2011 ausgesetzt worden sei, sagte Scholz bei einer Bundeswehrtagung. Nun gebe es aber eine neue Struktur der Streitkräfte ohne Wehrpflicht. Aus seiner Sicht sei es „keine gute Idee, das alles wieder rückabzuwickeln“.
Zur personellen Stärkung der Bundeswehr verwies Scholz auf einen „intensiveren Einsatz von Reservisten“. Dies sei „jetzt die Aufgabe“ und er habe „den Eindruck, dass das vorankommt“. Pistorius hatte zuvor ebenfalls betont, eine „gut ausgebildete Reserve“ solle die Bundeswehr im Fall der Landes- und Bündnisverteidigung verstärken.