Nun geht alles relativ schnell. Nach dem Ende der Ampelkoalition finden in gut einem Vierteljahr Neuwahlen statt. Auch wenn sie noch nicht von ihren Parteien nominiert sind, stehen die Spitzenkandidaten fest.
Die Unionsparteien wollen Friedrich Merz zum Kanzlerkandidaten küren, während sich der SPD-Generalsekretär Matthias Miersch für Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD ausspricht. Allerdings gibt er zu, dass es grummelt bei den Sozialdemokraten. Dort wünscht sich vor allem die Basis, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius in den Ring steigt. Für Scholz spräche jedoch seine Regierungserfahrung, die Friedrich Merz nicht habe, sagt Miersch.
Die Ampelregierung ist zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt gescheitert. Das zeigt das aktuelle Jahresgutachten der führenden Wirtschaftsinstitute, das am Vortag veröffentlicht wurde. Darin prognostizieren die Wirtschaftsweisen ein Minuswachstum der Wirtschaft in diesem Jahr. Im kommenden Jahr werde es zwar ein Wirtschaftswachstum geben, das jedoch mit 0,4 Prozent sehr gering ausfallen werde, heißt es.
„Das kann in dieser Situation kaum blöder kommen“, sagt Monika Schnitzer, die Chefin der Wirtschaftsweisen, am Abend bei Maybrit Illner im ZDF. Dort unterhalten sich die Gäste unter anderem darüber, was Regierung und Opposition in den nächsten drei Monaten noch gemeinsam auf die Reihe bekommen könnten. Hilfe für die Wirtschaft zum Beispiel. Durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten stehe Deutschland vor neuen und großen Herausforderungen. Trump habe bereits mit Einfuhrzöllen gedroht. „Die Unsicherheit ist dadurch nochmal größer geworden“, sagt Schnitzer. „Eigentlich bräuchten wir jetzt eine handlungsfähige Regierung, eigentlich müssten wir jetzt dafür sorgen, dass wir uns in der EU formieren und Paroli bieten.“
Der Bundestag habe weder einen Nachtragshaushalt für 2024 noch einen Haushalt für 2025 beschlossen. Das bedeute, dass man nun keine neuen Programme auflegen könne. Damit könne man der Wirtschaft keine notwendigen Hilfen mehr zukommen lassen.
Wichtig sei jetzt eine Reform der Schuldenbremse, so die Ökonomin. Sie kritisiert: „Die Schuldenbremse, so wie wir sie zurzeit haben, ist zu restriktiv.“ Die Schuldenbremse an sich sei wichtig. Sie verhindere hohe Schulden zulasten der kommenden Generationen. Dennoch brauche man jetzt „eine Reform, die erst mal dafür sorgt, dass man mehr Spielraum schafft“. Auch wenn man sich etwas mehr verschulde, könne man immer noch die Schuldenstands-Quote unter 60 Prozent halten, so Schnitzer. „Man könnte jetzt eine Regel finden, die dafür sorgt, dass nicht nur die Ausgaben begrenzt werden, sondern dass man das Geld auch fürs Richtige ausgibt.“
Konkret: Die Schuldenbremse regelt, dass der Staat Kredite in Höhe von bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufnehmen darf. Das sei zu wenig, sagen die fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Sie schlagen eine Kreditaufnahme von bis zu einem Prozent des BIP vor. Das zusätzliche Geld könnte für Wirtschaft, Bildung und Verteidigung verwendet werden, erläutert Schnitzer bei Illner.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist damit nicht einverstanden. Der Staat nehme in einem Jahr eine Billion Euro Steuern ein, sagt er, und schlägt vor: „Lasst uns doch den Hunger des Staates nach neuen Schulden begrenzen, damit wir Politiker gezwungen sind, auf Prioritäten zu setzen und die verkrusteten Strukturen zu brechen.“ Die Probleme seien Regulierung, Bürokratie und das Verbandsklagerecht, sagt Linnemann. Sein Fazit: „Wir müssen an die Strukturen ran, damit wir schneller werden.“
Miersch kann sich eine Reform der Schuldenbremse vor den Wahlen gut vorstellen. Darüber sei die SPD bereit, mit der Union zu reden. Umgekehrt hält sich die Bereitschaft jedoch in Grenzen. Die SPD habe keine Mehrheit mehr im Bundestag. Man könne über eine Reform der Schuldenbremse in den Bundesländern sprechen, aber im Bund nicht, sagt Linnemann.
Maybrit Illner will es dann doch noch einmal klar wissen und fragt am Ende der Sendung den CDU-Politiker: „Könnte die Union noch vor der Bundestagswahl über eine Reform der Schuldenbremse nachdenken?“ Die Antwort von Linnemann ist eindeutig: „Nein.“