Nur noch bis Jahresende will Deutschland russisches Öl importieren. Zum Erhalt der brandenburgischen Raffinerie Schwedt wird nach Ersatzlieferungen gesucht. Dabei rückt nun auch der Hafen in Rostock in den Fokus.
Erstmals hat ein Tanker sogenanntes saures Rohöl aus den USA für die ostdeutsche Raffinerie Schwedt angelandet. Die „Capricorn Sun“ habe das Öl am 3. August in Rostock entladen, berichten Branchen-Insider. Das Öl werde in Schwedt verarbeitet und sei offenbar von Shell geliefert worden, das Minderheits-Eigner der Raffinerie ist. Laut dem Portal vesselfinder.com hat das Schiff die Hansestadt am Freitag (5. August) wieder verlassen. Aktuell ankert es demnach vor der schwedischen Stadt Göteborg.
Deutschen Regierungskreisen zufolge ist die Lieferung Teil von verschiedenen Öl-Sorten aus unterschiedlichen Regionen, mit denen die Raffinerie bereits seit etwa Mai mitversorgt werde. Überwiegend wird diese mit russischem Pipeline-Öl gespeist, da sie mehrheitlich dem Staatskonzern Rosneft gehört. Shell äußerte sich zunächst nicht dazu. „Saures“ Öl hat einen höheren Schwefelgehalt als sogenanntes süßes Öl und ist wegen zusätzlicher Bearbeitungsschritte zumeist teurer. Der Schwefelgehalt ist abhängig von der Herkunft des Rohstoffs.
Deutschland hat sich im Zuge der Sanktionen gegen Russland entschieden, ab 2023 kein russisches Öl mehr zu importieren. Die verschiedenen Öl-Sorten sind eine Art Testlauf und sollen zeigen, dass Schwedt nicht nur russisches Öl verarbeiten kann. Wenn kein russisches Öl mehr fließt, soll Schwedt zu mehr als der Hälfte über Rostock und eine Pipeline von dort versorgt werden. „Diese Leitung wollen wir nutzen, um zukünftig Öl aus anderen Ländern nach Schwedt zu transportieren. Ganz aktuell liegt hier ein großer Tanker mit Öl aus den USA“, sagte Mecklenburgs-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig.
Schwesig sprach von bis zu 75 Prozent des Öls für Schwedt, das über die Pipeline kommen könne. Zudem spielt der polnische Hafen Danzig eine Rolle in den deutschen Überlegungen, da von dort das übrige Öl über Rohrleitungen transportiert werden könnte. Möglich wären auch Pipeline-Lieferungen aus Kasachstan, die jedoch über Russland fließen würden.
Unabhängig davon muss die Eigentümer-Frage bei Schwedt geklärt werden. Solange die Raffinerie in der Hand von Rosneft ist, will Polen an einer Versorgung von Schwedt nicht mitwirken.