Die erneute Meisterschaft in der Fußball-Bundesliga gerät für den FC Bayern immer mehr außer Reichweite. Gegen Borussia Dortmund verlieren die Münchner in der eigenen Arena und haben bereits 13 Punkte Rückstand auf Bayer Leverkusen. Für den BVB endet eine fürchterliche Serie.
Mats Hummels eilte sofort nach dem Schlusspfiff zu Nico Schlotterbeck, einen Moment lang stand die „Wand“ von Borussia Dortmund in fester Umarmung. Dann liefen die beiden herausragenden Innenverteidiger von Borussia Dortmund, die in der Nationalmannschaft nicht mehr gebraucht werden, zur BVB-Kurve – um den ersten Sieg beim FC Bayern München seit fast zehn Jahren zu feiern.
Mit einem Ballett-Spagat, per Flugkopfball, Grätsche oder was auch immer: Hummels und Schlotterbeck waren beim verdienten schwarz-gelben 2:0 (1:0) im „Klassiker“ hauptverantwortlich dafür, dass die Bayern-Bosse mit steinernen Mienen auf der VIP-Tribüne saßen. Die zwölfte Meisterschaft in Serie ist angesichts von 13 Punkten Rückstand auf Bayer Leverkusen abgehakt.
Der BVB spielt in dieser Saison ohnehin nicht um den Titel mit. Aber der Sieg bei den Bayern war wichtig, so wichtig, nicht nur moralisch, sondern auch für das Rennen um die erneute Champions-League-Qualifikation in hammerharten Wochen. „Es sind nur drei Punkte, aber das gibt ein enorm gutes Gefühl“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl, der sich heiser geschrien hatte, bei Sky: „Ich bin stolz auf diese Mannschaft.“
Das erste Tor erzielte Karim Adeyemi nach einem kollektiven Fehler der indisponierten Münchner Abwehr (10.), vor allem Hummels („Das war ein sehr starker Auftritt von uns“) stand danach ein ums andere Mal einem Treffer der Bayern im Wege. „Beide waren unfassbar“, sagte Kehl über das Duo Hummels und Schlotterbeck, „sie zeigen, dass sie diese Saison noch etwas vorhaben.“ Julian Ryerson (83.) hatte den zweiten BVB-Treffer nachgelegt, Harry Kanes vermeintlicher Anschluss (89.) wurde wegen einer Abseitsposition annulliert.
Der Rekordmeister wirkte allerdings auch sehr fahrig, spielte ohne Ideen, klare Linie und Entschlossenheit. Selbst der bei der Nationalelf gefeierte Jamal Musiala brachte nichts zustande, er wurde nach einer Stunde ausgewechselt. Auch dass Trainer Thomas Tuchel in der letzten halben Stunde ins Risiko ging, machte es nicht besser. Dortmund nutzte in diesem „Klassiker“, bei dem zum ersten Mal seit 2010 keine der beiden Mannschaften auf dem ersten Platz in der Tabelle stand, seine Chance: Für den Kampf um Platz vier hatte der BVB durch das 0:0 der Leipziger gegen den FSV Mainz 05 eine perfekte Vorlage bekommen.
Und so betonte Trainer Edin Terzić vor dem Spiel ein weiteres Mal bei Sky: „Wir haben uns vorgenommen, sehr mutig und sehr fleißig zu sein. Dann müssen wir hoffen, dass sich auch das Glück auf unsere Seite schlägt.“ Ein bisschen Glück war zumindest beim Führungstreffer dabei: An Adeyemis Schuss aus spitzem Winkel war Sven Ulreich, der den verletzten Manuel Neuer vertrat, noch mit der Hand dran – aber nicht entscheidend.
Nach dem Rückstand wirkten die sehr schwungvoll gestarteten Bayern leicht angeknockt. Dortmund war fleißig, war mutig – und offenbarte ein ums andere mal Lücken in Mittelfeld und Abwehr der Münchner. Um ein Haar hätten die Bayern trotzdem ausgeglichen – nach einer Flanke von Joshua Kimmich zischte ein Kopfball von Kane knapp am Tor von Alexander Meyer vorbei (23.). Der Schweizer vertrat seinen erkrankten Landsmann Gregor Kobel.
Hummels mit großartiger Rettungstat
Davon abgesehen war der BVB, in München zuletzt neun Mal in Serie als Verlierer vom Platz gegangen, die bessere, weil solidere Mannschaft. Hummels verhinderte mit Fuß und nicht strafbarer Hand ein Gegentor beim Kopfball von Eric Dier (35.) – die Abwehr mit den ebenfalls bei der Nationalelf ausgebooteten Nico Schlotterbeck ließ ansonsten nur wenig Gefährliches zu.
Mit derselben Entschlossenheit in der Offensive hätte Dortmund seinen knappen Vorsprung sogar ausbauen können. Bei Schüssen von Felix Nmecha (52.) und Hummels (58.) war Ulreich aber auf dem Posten. Jan Maatsen (65.) verzog bei einem Konter knapp, Ryerson machte es gegen pomadige Bayern besser.
Das Topspiel fand nach dem Hinweis einer mutmaßlichen Drohung unter verstärkter Polizeipräsenz statt. Das Bundesinnenministerium hatte nach eigenen Angaben keine konkreten Hinweise auf eine Bedrohungslage.