Bayern München hat nach einer turbulenten Schlussphase gegen den aufmüpfigen Herausforderer Bayer Leverkusen das erhoffte Signal verpasst: Der deutsche Rekordmeister musste sich im abwechslungsreichen und hart umkämpften Topspiel der Fußball-Bundesliga gegen die Werkself mit einem 2:2 (1:1) begnügen und bleibt hinter eben dieser punktgleich erst einmal Zweiter. Die Werkself mit dem herausragenden Torwart Lukas Hradecky präsentierte sich vor 75.000 Zuschauern nicht im Vizekusen-Stil. Sondern als eine Mannschaft, die geführt von Trainer Xabi Alonso den Bayern in dieser Saison die Meisterschaft streitig machen kann.
Superstar Harry Kane gelang bereits in der 7. Minute die Führung. Es war bereits der vierte Saisontreffer des 100-Millionen-Einkaufs. Alejandro Grimaldo glich mit einem Traum-Freistoß in der 24. Minute für die bis dahin deutlich unterlegene Werkself aus. Nach Leon Goretzkas spätem Treffer (86.) sahen die Bayern wie der Sieger aus, doch der eingewechselte Exequiel Palacios (90.+4) glich per Foulelfmeter aus. Das vermeintliche Siegtor von Dayot Upamecano (90.+7) fand wegen einer Abseitsposition zurecht keine Anerkennung. Thomas Tuchels Co-Trainer Zsolt Löw sah nach Abpfiff noch die Rote Karte – augenscheinlich wegen allzu heftiger Worte in Richtung der Schiedsrichter.
„Auf jeden Fall war das ein Topspiel, intensiv und hochklassig, für die Zuschauer ist es ein geiler Abend gewesen“, sagte der vor dem Elfmeter von Alphonso Davies gefoulte Leverkusener Jonas Hofmann bei DAZN: „Es war ein Spiel auf Augenhöhe. Mit dem 2:2 können alle zufrieden sein.“
Die Bayern konnten Vize-Kapitän Joshua Kimmich einsetzen. Kimmich hatte wegen muskulärer Probleme auf das Länderspiel gegen Frankreich (2:1) am Dienstag noch verzichten müssen. „Wir haben ganz lange abgewägt, er schaut, wie er durchkommt“, sagte Tuchel unmittelbar vor dem Anpfiff bei DAZN. Dafür fiel kurzfristig der angeschlagene Kingsley Coman aus.
Die Bayern begannen entschlossen. Konrad Laimer, der Rechtsverteidiger spielte, hatte die erste Chance (3.). Nach Eckball von Leroy Sané und unglücklicher Kopfballverlängerung durch Edmond Tapsoba gelang Kane per Kopf das frühe 1:0. Sane hatte kurz darauf sogar das 2:0 auf dem Fuß. Der Rekordmeister hatte gegen unsichere Leverkusener alles im Griff. So schien es. Doch Bayer kam Mitte der ersten Hälfte besser ins Spiel. Min-Jae Kim blockte einen Schuss von Bayer-Torjäger Victor Boniface gerade noch ab. Der Ausgleich war dann umstritten: Thomas Müller sollte Florian Wirtz gefoult haben. Tuchel meckerte über den Pfiff so sehr, dass er die Gelbe Karte bekam. Grimaldo war es egal, er zirkelte den Ball ins Kreuzeck.
Die Bayern wirkten kurz geschockt. Der wuchtige Boniface hätte die Gäste in dieser Phase mehrmals sogar in Führung bringen können, die vermeintliche Führung durch den 22-Jährigen wenig später zählte wegen dessen Abseitsposition nicht. Aber auch die Münchner hatten in einem nun abwechslungsreichen Spiel vor der Pause noch einige brandgefährliche Offensivmomente.
Dann war es Hradecky, der die kurz vor der Pause wieder taumelnden Gäste im Spiel hielt: Der 33-Jährige parierte stark gegen Müller (35.), Sané (43.), Leon Goretzka (44.) und Gnabry (45.). Sie dokumentierten das Chancenplus der Bayern.
Es blieb nach dem Wechsel ein offenes Duell auf Augenhöhe – mit einem frühen Aufreger durch Boniface: Der Nigerianer sah, dass Bayern-Keeper Sven Ulreich zu weit vor dem Tor stand, sein Schuss von der Mittellinie verfehlte das Ziel aber um Zentimeter. Die Bayern taten sich schwer, Lücken zu finden – bis Kane völlig frei am erneut starken Hradecky scheiterte (57.).
Tuchel brachte nach gut einer Stunde Jamal Musiala nach wochenlanger Pause wegen eines Muskelfaserrisses. Müller ging, wie auch der schwache Kimmich, der sichtbar nicht voll auf der Höhe war. Auch Mathys Tel sollte die Bayern-Offensive noch beleben. Leverkusen blieb jedoch standhaft, weil den bemühten Münchnern auch die Ideen fehlten. Dafür hatten sie Glück, als Wirtz nur den Pfosten traf (78.).
Die Münchner hätten sich in ihren mintgrünen Wiesn-Trikots einen besseren Start in die Wochen der Wahrheit gewünscht. Am Mittwoch startet die Champions-League-Mission gegen Manchester United. Leverkusen geht dagegen mit Selbstvertrauen in seine weiteren Aufgaben inklusive Europa League.