Montag, 25.November 2024 | 02:28

Landwirte wollen nachlegen: Bauernpräsident kündigt „weitreichendere“ Proteste an

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Bauernpräsident Joachim Rukwied hat mit neuen Protesten von Landwirtinnen und Landwirten kommende Woche gedroht, sollte die Bundesregierung die Pläne einer Steuererhöhung beim Agrardiesel nicht zurücknehmen. „Wenn jetzt beim Agrardiesel nichts kommt, kommen die nächsten Proteste und Aktionen ab der kommenden Woche“, erklärte Rukwied.

Alles, was bislang angekündigt worden sei, habe die Verärgerung der Bauern noch weiter gesteigert statt beruhigt. „Die Verantwortung liegt jetzt einzig bei der Bundesregierung und den Regierungsfraktionen. Nur sie können weitreichendere Bauernproteste verhindern.“

Das aktuelle Konjunkturbarometer Agrar zeige, dass für die abermals gesunkene Stimmung in der Landwirtschaft neben den „hartnäckig“ hohen Betriebskosten gerade die Politik verantwortlich sei, erklärte Rukwied weiter. Diese Einschätzung habe schon vor den „unsäglichen“ Steuererhöhungsplänen der Regierung vorgelegen. Die Bewertung der künftigen wirtschaftlichen Lage verharre laut Konjunkturbarometer auf niedrigem Niveau. Umso wichtiger sei die Rücknahme der Steuererhöhung beim Agrardiesel. Dies sei „ein unverzichtbares Zukunftssignal“ der Ampel-Regierung an die Landwirtschaft.

Der Konflikt um die Diesel-Vergünstigungen überschattete auch den Start der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin. Rukwied sprach davon, dass die bisherigen Proteste das „Vorbeben“ gewesen seien. „Wenn sich nichts verändert, dann kommt es möglicherweise zur Eruption.“ Im Bundestag kam es zu einem Schlagabtausch über bessere Perspektiven für die Landwirtschaft. Die Grüne Woche sollte am Abend auf dem Messegelände eröffnet werden.

Rukwied sagte: „Ab kommenden Montag werden wir, sofern die Haushaltsbereinigungssitzung heute Abend kein in unserem Sinne positives Ergebnis bringt, wieder mit Aktionen, und zwar flächendeckend in der ganzen Bundesrepublik, fortfahren.“ Dabei gelte weiter: „Wir wollen Nadelstiche setzen, die wehtun, aber in keinster Weise eskalieren oder radikalisieren.“ Weitere Details nannte er jedoch nicht.

Der Haushaltsausschuss des Bundestags beriet in einer Bereinigungssitzung über den Etat 2024 und vorgesehene Einsparungen, die auch den Agrardiesel betreffen sollen. Die Koalition hatte die Pläne schon abgeschwächt. Die Steuervergünstigungen für Bauern sollen demnach nicht auf einen Schlag enden, sondern schrittweise auslaufen. Seit Wochen protestieren Tausende Landwirte dagegen mit Treckern und Kundgebungen. Der Bauernverband fordert die Rücknahme der Pläne.

„Die Landwirtinnen und Landwirte brauchen wir gar nicht fragen“, sagte Rukwied. Die rufen ständig an und fragen: „Bewegt sich was? Wenn sich nichts bewegt, gehen wir wieder auf die Straße.“ Jetzt müsse das Thema Agrardiesel im Sinne der Landwirtschaft vom Tisch. Erst wenn dies gelöst ist, könne und werde man weitere Themen besprechen. „Es macht keinen Sinn, jetzt über eine Gesamtstrategie zu diskutieren. Zunächst müssen die Wettbewerbsverzerrungen vom Tisch.“

Die Ampel-Koalition setzt auf eine Beilegung des Konflikts durch andere Erleichterungen für die Landwirtschaft. Agrarminister Cem Özdemir warb für parteiübergreifende Lösungen, um Rahmenbedingungen für die Branche zu verbessern. Man habe nun die Möglichkeit, alle auf die Bäume zu treiben, sagte der Grünen-Politiker im Bundestag. „Oder aber wir arbeiten alle gemeinsam konstruktiv daran, dass die deutsche Landwirtschaft zukunftsfest aufgestellt ist.“ Bauern könnten Natur- und Tierschutz und zugleich hochwertige Lebensmittel herstellen. „Aber den Aufwand, den muss ihnen dann halt auch jemand bezahlen.“

Özdemir machte sich erneut dafür stark, eine sichere Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung mit einem „Tierwohl-Cent“ auf den Weg zu bringen. Die Stellung der Bauern in der Kette bis zum Handel müsse gestärkt werden. Der Bundestag nahm einen Entschließungsantrag der Ampel-Fraktionen an, der mögliche Erleichterungen benennt. Damit wird die politische Zusage formuliert, „im ersten Quartal 2024 konkrete Vorhaben aufzulisten“ und bis zum Sommer zu beschließen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte, in dem Antrag von SPD, Grünen und FDP stehe keine einzige konkrete Zusage an die Landwirtschaft. Dies sei ein „agrarpolitischer Insolvenzantrag“ der Koalition. Der Agrardiesel sei eine gerechte Maßnahme und keine klimaschädliche Subvention. „Nehmen Sie die Steuererhöhung zurück, und Sie bekommen Ruhe in dieses Land“, sagte Dobrindt. CDU-Chef Friedrich Merz warf der Bundesregierung eine Politik gegen den ländlichen Raum vor. Die Demonstrationen seien „Ausdruck einer immer größer werdenden Unzufriedenheit und eines aufgestauten Frustes“.

Zur Eröffnungsfeier der Grünen Woche am Abend wurden neben Özdemir auch EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner erwartet. Für Besucherinnen und Besucher öffnet die Messe an diesem Freitag. Zehn Tage lang können sie auf dem Messegelände unter dem Funkturm große und kleine Tiere erleben, regionale Spezialitäten ausprobieren oder sich über Berufe in der Landwirtschaft informieren. Bei der diesjährigen Ausgabe der Messe präsentieren sich rund 1400 Aussteller aus 60 Ländern.

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