Die Tageslänge erreicht ihren Tiefpunkt: Nur knapp über 7 Stunden Helligkeit gibt es am nördlichsten Zipfel Deutschlands. Die Wintersonnenwende bringt den kürzesten Tag des Jahres und läutet kalendarisch den Winter ein. Doch das Phänomen der Zeitgleichung sorgt für ungeahnte Effekte.
Der Sommer ist endlich da – zumindest auf der Südhalbkugel der Erde: Dort steht die Sonne am 22. Dezember zur Mittagszeit so weit im Süden im Zenit wie bisher nicht in diesem Jahr – genau über dem südlichen Wendekreis. Dieser verläuft durch Länder wie Argentinien, Namibia, Botswana und Australien. Das bedeutet jedoch für uns: Zu keinem Zeitpunkt des Jahres steht die Sonne tiefer am Himmel.
Das Phänomen wird Wintersonnenwende genannt – auf sie folgt der kürzeste Tag des Jahres in Deutschland. Er ist in Berlin nur 7 Stunden und 39 Minuten lang. Und damit rund 9 Stunden kürzer als der längste Tag des Jahres, der meistens am 21. Juni ist. Die Wintersonnenwende markiert den kalendarischen Beginn des Winters. Aber das hat auch etwas Gutes, denn danach werden die Tage wieder länger.
Warum das so ist? Schuld ist die Neigung der Erdachse. Sie ist um etwa 23,4 Grad geneigt, was bedeutet, dass im Verlauf des Jahres verschiedene Teile ihrer Oberfläche unterschiedlich stark von der Sonne beschienen werden. Während der Wintersonnenwende ist die Neigung derart, dass der Nordpol am weitesten von der Sonne entfernt ist. Das ist immer am 21. oder 22. Dezember der Fall – es variiert von Jahr zu Jahr.
Der kürzeste Tag ist je nach Region in Deutschland sehr unterschiedlich lang: In List auf der Insel Sylt ist er mehr als eine Stunde kürzer als in Oberstdorf, dem südlichsten Ort Deutschlands. Die Regel dahinter: Je weiter nördlich ein Ort, desto kürzer der Tag. Nördlich des Polarkreises geht die Sonne gar nicht erst auf.
Der 22. Dezember ist jedoch nicht der Tag mit dem spätesten Sonnenaufgang und frühesten Sonnenuntergang. Einige Tage danach geht die Sonne etwa zwei Minuten später auf. Der früheste Sonnenuntergang ist einige Tage vor der Wintersonnenwende. Grund ist das Phänomen der Zeitgleichung: Die „wahre Sonnenzeit“ ist nicht konstant, der Zeitraum zwischen zwei Sonnenhöchstständen an einem Mittag zum nächsten variiert über das Jahr. Mit der „mittleren Sonnenzeit“ werden diese Schwankungen angeglichen.
Die Folge: An den Tagen vor der Wintersonnenwende sind die Tage zwar länger, aber die Sonne steht schon vor 12 Uhr am höchsten. Daraus folgen die früheren Sonnenuntergänge. Umgekehrt ist es Ende Dezember, wenn die Sonne erst deutlich nach 12 Uhr am höchsten steht.
Interessanterweise beginnt der Winter aus meteorologischer Sicht bereits am 1. Dezember, da Meteorologen für ihre Aufzeichnungen und Analysen einheitliche Zeiträume für die Jahreszeiten verwenden. Der astronomische Winteranfang hingegen, der mit der Wintersonnenwende zusammenfällt, basiert auf der Position der Erde im Verhältnis zur Sonne.
Das Phänomen der Wintersonnenwende hat auch in vielen Kulturen ihre Spuren hinterlassen. Die Zeit gilt vielerorts als Triumph des Lichtes über die Dunkelheit. In Skandinavien wird das Luciafest gefeiert, in Ostasien das Dongzhi-Fest. Im Iran sowie in historisch iranisch geprägten Regionen wird zur Wintersonnenwende die Yalda-Nacht zelebriert. Sogar in der Antarktis wird von Forschern dort Mittwinter begangen – dann ist allerdings Hochsommer.
Und bei uns? Auffällig ist die Nähe des Weihnachtsfestes am 25. Dezember zur Wintersonnenwende. Gefeiert wird damit im Christentum die Geburt von Jesus – in der Bibel steht von dem Datum jedoch nichts. Nicht einmal, welche Jahreszeit es war, geht aus dem Neuen Testament hervor. Es gibt die These, Weihnachten wäre die Umdeutung eines früheren heidnischen Festes zur Wintersonnenwende, der Geburt des Sonnengottes Sol invictus.
Allerdings ist dieses Fest aus Sicht von Kritikern nicht wirklich ausreichend belegt. Verschiedene Hypothesen kursieren heute zum Datum des Weihnachtsfests – der mögliche Bezug zur Wintersonnenwende ist nur eine davon.