SPD und Linke haben sich am Donnerstag in der siebten Runde ihrer Koalitionsverhandlungen über die Grundzüge der künftigen Sicherheitspolitik in Mecklenburg-Vorpommern verständigt und den Kommunen weitere finanzielle Unterstützung zugesichert. Der in der vorigen Legislaturperiode beschlossene Sicherheitspakt mit der Bereitstellung zusätzlicher Stellen für Polizei und Justiz werde weiter umgesetzt, kündigte die amtierende Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Abend in Schwerin an. Doch werde es als Reaktion auf bekanntgewordene Defizite etwa beim Verfassungsschutz auch Veränderungen geben, ergänzte Linksfraktionschefin Simone Oldenburg. Zu jüngsten Personalspekulationen über die Besetzung von Ministerposten äußerten sich beide nicht: „Personal wird zum Schluss behandelt“, sagte Oldenburg. Zu den Themen:
INNERE SICHERHEIT: Nach der Kritik am Agieren des Verfassungsschutzes bei der Verfolgung rechtsextremistischer und islamistischer Straftaten soll ein Sonderbeauftragter für die Aufarbeitung und mehr Transparenz sorgen. „Wir wissen, was alles schief gelaufen ist“, sagte Oldenburg unter Anspielung auf nicht weitergeleitete Informationen und einseitige Ermittlungen. Ein unabhängiger Experte solle helfen, „aufzuklären, aufzuarbeiten und aufzuräumen“.
Das Kontrollgremium des Landtags für den Verfassungsschutz werde mehr Mitarbeiter bekommen, sagte Oldenburg und betonte zugleich, dass die große Mehrzahl der Mitarbeiter in den Sicherheitsbehörden sehr gute Arbeit leiste und hohe Wertschätzung verdiene. Die im Pakt für Sicherheit vereinbarten 6200 Stellen bei der Polizei sollen alle besetzt werden. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zu den Umtrieben der rechtsextremen Terrorgruppierung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) soll in der neuen Legislaturperiode fortgesetzt und um das Thema rechtsextremes Netzwerk „Nordkreuz“ erweitert werden. Die Feuerwehren sollen weiterhin finanzielle Unterstützung bekommen.
JUSTIZ: Die bisherige Gerichtsstruktur soll erhalten bleiben, von der Umwandlung der Nebenstellen wieder in vollwertige Amtsgerichte ist keine Rede mehr. Die Bestände an Verfahren sollen rasch abgebaut, die Verfahrensdauern verkürzt werden. Mit Geldern aus gerichtlichen Auflagen soll ein Härtefallfonds für Opfer schwerer Gewaltstraftaten eingerichtet werden. Die Betreuung von Kindern, die Opfer von Sexualdelikten geworden sind, sollen künftig aus einer Hand betreut werden.
KOMMUNEN: Die künftige rot-rote Landesregierung will die Kommunalverfassung überarbeiten und die Teilhabe der Bürger an Entscheidungen in deren Lebensumfeld stärken. Dabei sollen auch Kinder und Jugendliche mehr Mitsprachemöglichkeiten erhalten. Wie Schwesig sagte, soll es in diesem Jahr noch einen Kommunalgipfel geben, bei dem über die künftige Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen beraten wird. Die Regierungschefin kündigte aber bereits an, dass das Land mehr Geld zur Finanzierung der Kitas bereitstellen wird.
Die bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher sei ein wichtiger Schwerpunkt. „Und wenn die Kommunen tatsächlich dafür das Geld stärker zur Verfügung stellen, dann werden wir uns – so wie es auch gesetzlich verankert ist – daran beteiligen“, sagte Schwesig. Bei der Organisation des öffentlichen Nahverkehrs und der Digitalisierung soll es künftig einen „koordinierenden Rahmen“ geben. Bisher hatte es Kritik daran gegeben, dass in diesen Bereichen eine steuernde Hand fehlte.
EUROPA: Mecklenburg-Vorpommern will seine Nachbarschaftsbeziehungen insbesondere im Ostseeraum weiter ausbauen. Das sei nicht nur wichtig für die Entwicklung der Wirtschaft. „Wir sind fest davon überzeugt, dass im Gespräch sein, Austausch haben auch in anderen Bereichen, der Jugend, der Kultur, Brücken baut“, sagte Schwesig. Auch künftig werde es jährlich einen Polen-Tag geben und das Land werde weiter auf einen guten Dialog mit Russland setzen. „Unser Land zeichnet sich dadurch aus, dass wir die Beziehungen zu Polen und die Beziehungen zu Russland nicht gegeneinander ausspielen“, betonte Schwesig, die für ihren Russland-freundlichen Kurs in der Vergangenheit zum Teil auch scharf kritisiert wurde.
CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow äußerte in einer ersten Reaktion die Befürchtung, dass die Arbeit der Sicherheitsbehörden unter dem Einfluss der Linken stark beeinträchtigt wird. „Nach allem, was aus der Pressekonferenz zu hören war, kann der Verfassungsschutz als Geheimdienst seine Arbeit eigentlich einstellen und künftig nach Art eines Bürgerbüros arbeiten“, hieß es in einer am Abend verbreiteten Mitteilung. Zudem kritisierte er die Einsetzung eines weiteren Beauftragten: „Bei lauter Beauftragten fragt man sich übrigens so langsam, wie genau die Arbeitsplatzbeschreibung für die Minister und Staatssekretäre eigentlich aussieht.“ Auch die Pläne für die Kommunen böten wenig Raum für Optimismus. „Wenn Frau Schwesig von „Daseinsvorsorge“ im Bereich der Kommunen spricht, die abgesichert werden müsse, sind in aller Regel „Daumenschrauben“ gemeint“, so Liskow.
Als letztes soll am Freitag der große Bereich Soziales aufgerufen werden, ehe es an die endgültige Formulierung des Koalitionsvertrages geht. Voraussichtlich Anfang kommender Woche wird die fertige Regierungsvereinbarung vorliegen, über die SPD und Linke dann auf getrennten Parteitagen am 13. November abstimmen wollen. Findet der Koalitionsvertrag die nötigen Mehrheiten, will sich Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am 15. November im Landtag zur Wiederwahl stellen und die neue Landesregierung bilden.