Die umstrittene Klimaschutz-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern bleibt ungeachtet eines Parlamentsbeschlusses zur Auflösung bis auf weiteres bestehen. Die Landtags-Fraktion der Grünen scheiterte am Freitag in Schwerin mit ihrem Vorstoß, den Stiftungsvorstand um Ex-Regierungschef Erwin Sellering abzuberufen und so das Ende der maßgeblich mit Geld aus russischen Gasgeschäften finanzierten Stiftung einzuleiten.
Dem Antrag stimmte nach kontroverser Debatte nur die CDU zu. Die FDP enthielt sich, SPD, Linke und AfD stimmten unter Hinweis auf die Rechtslage dagegen. Bereits Anfang März hatte der Landtag die Regierung beauftragt, auf ein rasches Ende der Stiftung hinzuwirken. Ein für Ende September angestrebter Termin dazu war ergebnislos verstrichen.
Eine sofortige Abberufung des Vorstandes ist nach Angaben der Landesregierung aktuell nicht möglich. „Aus unserer Sicht gibt es derzeit – ich betone ausdrücklich derzeit – keinen Anlass, den Vorstand der Stiftung abzuberufen“, sagte Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke). Sie verwies auf das Landesstiftungsgesetz. Danach sei für eine Abberufung stiftungsschädigendes Verhalten als wichtiger Grund erforderlich, der zurzeit aber nicht erkennbar sei, erläuterte die Ministerin. Ihrem Ressort obliegt die Stiftungsaufsicht, eine reine Rechtsaufsicht und keine politische Aufsicht, wie Bernhardt betonte.
Die Grünen-Abgeordnete Constanze Oehlrich verwies hingegen auf ein von der Regierung in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten. Danach habe die Regierung sehr wohl die Möglichkeit, die Stiftung wegen Gefährdung des Gemeinwohls aufzulösen. Der von der rot-roten Koalition stattdessen gewählte Weg, über eine Vereinbarung mit dem Vorstand den Weg zur Auflösung der Stiftung zu bereiten, führe offenbar nicht zum Ziel. „Die gemeinsame Erklärung aus dem Frühjahr dieses Jahres ist das Papier nicht wert, auf dem sie steht“, sagte Oehlrich.
Ende September hatte Sellering mitgeteilt, dass der Vorstand noch nicht zurücktreten könne. Dies sei erst möglich, wenn die Testate der Wirtschaftsprüfer zur Abwicklung des wirtschaftlichen Teils der Stiftung vorlägen und auch Fragen zur Rechtmäßigkeit der erhobenen Schenkungssteuer geklärt seien.
In der Vereinbarung sei verankert, dass der Vorstand zurücktrete, wenn die Abwicklung abgeschlossen ist, sagte der SPD-Abgeordnete Philipp da Cunha. „Diese Vereinbarung gilt nach wie vor. Und ich gehe davon aus, dass sie auch zügig umgesetzt wird“, sagte er.
Der CDU-Abgeordnete Sebastian Ehlers übte scharfe Kritik am Agieren der Regierung und dem Verhalten des Stiftungsvorstandes: „Das ganze gipfelt darin, dass ein ehemaliger Ministerpräsident tagtäglich seine Missachtung für unseren Rechtsstaat zur Schau stellt“, sagte er.
Dem widerprach der AfD-Abgeordnete Horst Förster. Stiftungen seien aus gutem Grund vor politischer Einflussnahme geschützt, und Sellering handele im Interesse des Stiftungszwecks Umweltschutz. „Ich finde es schon witzig, dass ich als AfD-Abgeordneter Herrn Sellering verteidigen muss“, sagte der frühere Richter.
Die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV war Anfang 2021 auf Beschluss des Landtags gegründet worden. Von Anfang an galt sie Kritikern als Tarn-Organisation, da sie über einen gesonderten, von Russland finanzierten wirtschaftlichen Teil den Weiterbau der Gasleitung Nord Stream 2 sicherstellen sollte. Unter Umgehung angedrohter US-Sanktionen wurde die Pipeline Ende 2021 fertiggestellt, erhielt von deutscher Seite wegen des Agierens Russlands gegen die Ukraine aber keine Betriebsgenehmigung.
Neben dem wirtschaftlichen Engagement im Umfang von mindestens 165 Millionen Euro sorgte auch die maßgebliche Finanzierung der eigentlichen Stiftungsarbeit mit Geld aus russischen Erdgasgeschäften für massive Kritik. Für Klimaschutz-Projekte stellte Nord Stream 2 der Stiftung 20 Millionen Euro bereit, die Stiftungseinlage des Landes betrug lediglich 200.000 Euro.
Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 war die Landesregierung auf Distanz zu Russland und Nord Stream gegangen, der Landtag stimmte für die Auflösung der Stiftung. Die Verzögerungen dabei sorgen seit Monaten für Kritik vor allem vonseiten der Opposition. Auf deren Initiative setzte der Landtag einen Untersuchungsausschuss ein, der die Umstände und Hintergründe der Stiftungsgründung beleuchten soll.
Dokumente belegen, dass die Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG direkten Einfluss nahm. Das brachte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in Erklärungsnot. Sie hatte sich lange Zeit auch persönlich für das Pipeline-Projekt stark gemacht, das nach Kriegsbeginn aber als Fehler bezeichnet.