Freitag, 20.September 2024 | 04:44

Kahn ist aus dem Häuschen: Der FC Bayern feiert sich selbst und zittert vor Mbappé

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Vor dem ersten Duell mit Paris St. Germain herrscht beim FC Bayern Alarmstimmung. Anspruch und Leistung passen nicht zueinander, im Gigantenduell der Angeschlagenen rafft sich die Mannschaft aber zusammen. Die Bosse sind glücklich, aber mahnen die Stars vor zu viel Selbstzufriedenheit.

In München hatte es nicht an Warnungen gemangelt. Die Mannschaft des FC Bayern, so dröhnte es aus fast jeder Ecke der Säbener Straße, müsse sich gegen Paris St. Germain dringend steigern, sonst “würde es nicht reichen”, sagte etwa Trainer Julian Nagelsmann. Er war nicht das einzige Alphatier, das die Stars in die Pflicht nahm und irgendwie auch darauf hoffte, dass die Hymne der Champions League den Fußballer einen Impuls zu mehr Fokus und Gier verpassen würde. Und tatsächlich höhlte der stete Tropfen den Stein. Mit einer starken Leistung wurde PSG im eigenen Stadion mit 1:0 (0:0) besiegt, das Tor erzielte Kingsley Coman. Ein kleines Déjà-vu mit dem Finale von Lissabon im Sommer 2020, als die Münchner schließlich mit gleichem Ergebnis und Schützen den Henkelpott holten.

Bis aus dem kleinen Déjà-vu ein großes wird, ist noch einiges an Wegstrecke zu gehen. Zunächst einmal das Rückspiel in drei Wochen. Die Voraussetzungen sind zwar “großartig”, wie der höchst erleichterte Klubboss Oliver Kahn bei seiner Bankettrede im Teamhotel in der späten Pariser Nacht befand. Aber es sei eben auch so: “Spiele auf diesem Niveau – da entscheiden Hundertstelsekunden, da entscheiden Millimeter und kleinste Fehler über Sieg oder Niederlage.” Und es mangelte dem ewig gierigen Titanen nicht an Belegen. Paris hatte an diesem Abend schließlich auch zweimal ins Tor getroffen. Doch beide Treffer des eingewechselten Superstars Kylian Mbappé wurden wegen Abseits aberkannt. Einmal glasklar, einmal hauchzart.

Aber dieser Mbappé, noch nicht gänzlich fit nach seiner Verletzung, treibt den Münchnern durchaus ein paar Schweißperlen auf die Stirn. “In der zweiten Halbzeit haben wir gesehen, was dieser absolute Ausnahmespieler auslöst – nicht nur beim Publikum, sondern auch in der Mannschaft. Da haben wir auch das Quäntchen Glück gehabt”, analysierte Kahn. Nicht nur Glück, sondern auch Yann Sommer. In der 74. Minute vereitelte der neue Torwart des Rekordmeisters das 1:1 durch eben jenen Mbappé mit einer spektakulären Parade. Diesen kleinen Reminder an die Extraklasse des kriselnden Starensembles hätte es nicht unbedingt gebraucht, denn auch so waren die Sinne beim FC Bayern geschärft. Aber ein kleiner Reiz, nicht nachzulassen, schadet auch nicht. Nur für Benjamin Pavard galt das nicht unbedingt, der flog kurz vor Schluss nach einem wackeligen Auftritt noch mit Gelb-Rot vom Platz und fehlt damit im Rückspiel.

Der erleichterte Trainer Julian Nagelsmann wollte den verdienten Erfolg im Prinzenpark gegen die Superstars Lionel Messi, Mbappé und Neymar nicht überbewerten: “Es ist nicht schlecht, heißt aber nicht allzu viel. Wir sind ein bisschen besser dran als Paris, aber wir können nicht die Beine hochlegen”, sagte er. Dass Paris aber in der Allianz Arena “mehr machen muss, spielt uns schon in die Karten”. Er selbst war vor diesem Spiel unter Druck geraten. Nach der WM waren die Münchner nicht ins Rollen gekommen. In der Liga wurden Punkte verschenkt, die Konkurrenz ist dem ewigen Meister mächtig auf die Pelle gerückt, Union Berlin und Borussia Dortmund sind mit je fünf Siegen in Serie perfekt ins neue Jahr gestartet. Und dann war da eben noch das Duell mit Paris und das Szenario des dritten frühen Champions-League-Knockouts in Serie. Das Selbstverständnis des Klubs, auch international immer um den Titel mitspielen zu können, stand und steht auf dem Spiel.

Aber Nagelsmann traf gute Entscheidungen. Die beste: Kingsley Coman in die Startelf zu rotieren. Der Franzose ist mit seinem Tempo so immens wichtig für den Klub und ein absoluter Highlightspieler. Von den Parisern war er bis zu seiner Auswechslung nicht zu stoppen gewesen. Wenn es bei den Münchnern gefährlich wurde, dann stets dank des Initiators Coman. Einmal flankte er wunderbar auf Eric Maxim Choupo-Moting, auch seine Startelf-Nominierung war eine gute Idee des Trainers, doch dessen Kopfball ging knapp vorbei (30.). Kurz vor der Pause brach Coman über links durch, am Ende des Angriffs hämmerte Joshua Kimmich den Ball in die Arme von Gianluigi Donnarumma, der kurz nach der Halbzeit bitter patzte. Der eingewechselte Alphonso Davies fand den freien Coman und der schob die hohe Hereingabe mit der Innenseite am langen Pfosten ins Tor. Dem italienischen Keeper flutschte der nicht sehr hart geschossene und nicht optimal platzierte Ball unter dem Körper durch. Eine glückliche Führung für die Münchner in diesem Moment (52.), aber eine verdiente auf die gesamte Spielzeit betrachtet.

“Wenn man gewinnt, ist immer erstmal gut zu leben. Wir haben die ersten 25 Minuten ein richtig gutes Spiel gemacht, hatten sehr gute Kontrolle”, fasste der überwiegend zufriedene Nagelsmann zusammen. “Wir können noch geradliniger Richtung Tor spielen. Da hatte man das Gefühl, dass wir sehr überrascht waren, dass wir so viel den Ball hatten und Paris relativ wenig machen wollte.” Er hatte schon geahnt, “dass sie tief verteidigen, aber dass es so passiv ist und so sehr tief und eigentlich gar nicht auf Ballgewinn ausgelegt”, das habe ihn dann doch schon ein bisschen überrascht.” Aber wie (von Nagelsmann) gesagt: Im Rückspiel geht das so nicht, Paris muss gewinnen, wie auch 2021, als auf ein 0:1 im Heimspiel ein 3:2 in München folgte – die damals fürs PSG-Weiterkommen ausschlaggebende Auswärtstorregel ist inzwischen allerdings abgeschafft.

Coman nahm sein Siegtor äußerlich nahezu teilnahmslos hin. “Das ist meine Heimat, ich bin hier geboren. Ich bin sehr froh über den Sieg, auch wenn ich nicht jubeln konnte. Wir können viel schaffen, wenn wir so spielen. Wir sind auf einem guten Weg”, sagte der 26-Jährige bei Prime Video. Aber, warnte er vor dem Rückspiel am 8. März: “Es wird noch schwieriger sein.” Vor allem wegen Mbappé. “Da war gleich Euphorie da”, befand Choupo-Moting über den 24-Jährigen, Sportvorstand Hasan Salihamidžić schwärmte: “Der Spieler ist ja Extraklasse!” Etwas verschnupft kommentierte er die wiederholten Nachfragen zur Bedeutung des Sieges für Nagelsmann nach komplizierten Wochen. “Der Trainer wird ständig infrage gestellt, wo er überhaupt nicht infrage gestellt werden kann. Das ist komisch für mich und uns, aber wir lassen uns davon nicht aus der Ruhe bringen.”

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