Julian Nagelsmann bleibt das Gesprächsthema im deutschen Fußball. Doch nicht, weil er wieder irgendwelche Experimente mit der Nationalmannschaft versucht hat oder bittere Niederlage einstecken muss.
Dieses Mal sorgt sein Besuch beim Pokalspiel zwischen dem starken VfB Stuttgart und dem nicht so starken BVB für große Aufregung. Und wieder einmal ist es der mächtigste Experte des Landes, der sich empört und eine neue Debatte anstößt. Es soll ja nicht langweilig werden, bis es im neuen Jahr wieder auf den Platz geht.
Was war passiert? Nagelsmann war in der MHP Arena – so heißt das Stadion in Stuttgart mittlerweile – zu Gast, und das nicht alleine. An seiner Seite saß Freundin Lena Wurzenberger. So weit, so, nun ja, gut? Eher nicht. Der renommierte und nicht überall gern gehörte Fußball-Experte Dietmar Hamann war angesichts der Bilder von den Tribünen fassungslos. Gegenüber der „Bild“-Zeitung, für die Wurzenberger einst als Bayern-Berichterstatterin aktiv war, schimpfte der Experten-Titan: „Als ich das gesehen habe, dachte ich mir: Das darf doch nicht wahr sein. Der Nationalmannschaft steht das Wasser bis zum Hals und der Bundestrainer macht einen Familien-Ausflug nach Stuttgart, nach dem Motto: Es wird schon gut gehen.“
Und einmal in berüchtigter Rage, schimpfte er weiter: „Für mich ist das unprofessionell, unverständlich und an Ignoranz schwer zu überbieten.“ So, Deutschland hat wieder eine Bundestrainer-Diskussion. Dabei war die doch gerade erst ein wenig abgeebbt. Das Krisen-Team auf dem Weg in eine ruhige Zeit zur Neuorientierung und Selbstfindung, ehe es ab März so richtig heiß wird, wenn es in den geplanten Testspielen gegen Frankreich und die Niederlande zum großen Form- und Stimmungscheck für die Heim-EM kommt. Dabei soll es nicht nur ein inhaltlich verändertes DFB-Team geben, sondern auch neues Personal herangeschafft werden.
Womöglich ja auch vom Überraschungsteam VfB Stuttgart, das Nagelsmann im DFB-Pokal gegen den klappernden Riesen BVB offenbar genauer inspizieren wollte. Mit Alexander Nübel, Waldemar Anton, Maxi Mittelstädt, Chris Führich und Deniz Undav drängen sich zahlreiche Protagonisten auf, auch für problematische Positionen, wie die Innenverteidigung (Anton), die Außenverteidigung (Mittelstädt) und das Sturmzentrum. Der potenzielle Kandidat und Torjäger Undav etwa, deutete an, dass er nach einem Gespräch mit dem Bundestrainer Feuer und Flamme für einen Einsatz in der Nationalmannschaft sei.
Aber zurück zu Nagelsmann und Hamann. Nicht jeder Experte wollte sich derart echauffieren, wie der Mann, der sonst bei Sky die Trainer des Landes mit seiner knallharten Einschätzungen vor sich her treibt. Lothar Matthäus, auch eine führende Stimme der kritischen Fußballgeister, warb derweil um Milde im Urteil zum Nagelsmann-Auftritt: „Das muss man jedem selbst überlassen.
Julian schaut ein Spiel mit seiner Freundin an – ich sehe nichts Kritisches daran.“ Er lag damit voll auf Linie mit DFB-Direktor Rudi Völler, der ebenfalls gegenüber der „Bild“ befand: „Wenn es wirklich das ist, was die Fußballwelt erschüttert, dann sieht es doch gar nicht so schlecht aus für uns.“ Nun ja, diese Einschätzung ist doch ein wenig entrückt, aber gut, es soll ein Sommermärchen her.
Alles gesagt nun? Nein, der ewige Marcel Reif, amtierender „Bild“-Experte, sortierte sich irgendwo zwischen Hau-drauf-Hamann und Milde-Matthäus ein: „Wenn er Vereinstrainer wäre und seine Freundin säße auf der Bank neben ihm, würde ich sagen: vielleicht nicht die beste Idee. So aber … Als erwachsener Mensch fragst du dich dennoch: Was könnte daran eventuell problematisch sein?“
Er selbst habe seine Frau auch gern mit auf Champions-League-Reisen genommen, was allerdings ein schräger Vergleich ist. Aber es war eben so: „Habe ich sie neben mich auf den Kommentator-Platz gesetzt? Eher weniger. So was überlegt man sich. Ich gebe zu: Ganz im Hinterkopf dachte ich: Hättest du es gemacht, als Nagelsmann? […] Eher nicht!“ Fröhliche Weihnachten!
