Vor dem Mitgliedervotum der SPD über den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU zweifelt der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz Verabredungen an, die Sozialdemokraten als gesetzt darstellen. Ein Mindestlohnanstieg und eine Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen seien nicht gewiss, sagte der CDU-Chef der „Bild am Sonntag“. Merz widersprach insbesondere Äußerungen von SPD-Chef Lars Klingbeil, wonach der Mindestlohn im kommenden Jahr auf 15 Euro steigen werde: „Das haben wir so nicht verabredet.“
„Wir haben verabredet, dass wir davon ausgehen, dass die Mindestlohnkommission in diese Richtung denkt. Es wird keinen gesetzlichen Automatismus geben.“ Der Mindestlohn könne „bei dieser Höhe zum 01.01.2026 oder 2027 liegen“, sagte Merz. „Aber das bleibt die Aufgabe der Mindestlohnkommission, das in eigener Autonomie auch festzulegen.“ Der von der Bundesregierung auf Vorschlag der unabhängigen Kommission beschlossene Mindestlohn beträgt gegenwärtig 12,82 Euro.
Auch die von Union und SPD geplante Senkung der Steuer für kleine und mittlere Einkommen sei „nicht fix“, sagte Merz. „Wir hätten das in der Koalition mit den Sozialdemokraten gerne von Anfang an verabredet. Darüber hat es einen Dissens gegeben. Deswegen haben wir es offengelassen.“
Der CDU-Chef fügte hinzu: „Die Einkommensteuer, die wollen wir senken, wenn es der öffentliche Haushalt hergibt.“ Die Befürchtung, dass viele Arbeitnehmer wegen steigender Sozialbeiträge und ausbleibender Steuersenkungen am Ende seiner Regierungszeit netto weniger Geld erhalten, nannte Merz „aus heutiger Sicht sicherlich nicht unberechtigt. Aber es wird unsere Aufgabe sein, diese Befürchtung zu zerstreuen und das Richtige zu tun, damit am Ende dieser Wahlperiode die Menschen sagen: Es geht uns besser als zu Beginn.“
„Söder hat für gute Stimmung gesorgt“
Er selbst brauche nach den Koalitionsverhandlungen erst einmal eine Pause. „Ich muss jetzt mal ein paar Tage Urlaub machen. Die letzten Monate waren extrem anstrengend. Der Wahlkampf ist unmittelbar übergegangen in die Koalitionsverhandlungen, die Sondierungsgespräche vorher, die Grundgesetzänderung davor“, sagte der CDU-Chef. „Es wird jetzt Zeit, dass ich in ein paar Tagen zur Ruhe komme.“
Im Rückblick seien die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD trotz vieler Kontroversen gut verlaufen. „Es war viel entspannter, als es manchmal so in der öffentlichen Berichterstattung zum Ausdruck kam.“ Anteil daran hatte Merz zufolge auch der CSU-Chef. „Markus Söder hat mit seiner barocken Art für Abwechslung und viel gute Stimmung gesorgt.“
Die Abstimmung der SPD-Mitglieder beginnt am Dienstag. Das Ergebnis soll am 30. April bekannt gegeben werden. Für die CDU soll deren Bundesausschuss den Koalitionsvertrag am 28. April billigen. Für die CSU hat deren Vorstand bereits zugestimmt.