Das Schiff war der Stolz einer ganzen Region: Die „Global Dream“, das weltweit größte Kreuzfahrtschiff mit Platz für 10.000 Passagiere liegt seit zehn Monaten still in der riesigen Schiffbauhalle von Wismar.
Das Schiff, das oft auch als „Global One“ bekannt wurde, ist zu 80 Prozent fertiggebaut, mit chinesischen Drachen, Schriftzeichen und Astronauten am Rumpf. Eigentlich sollte es schon längst Urlauber aus China über die Meere schippern. Doch Anfang dieses Jahres war der Traum ausgeträumt – nach der Kreuzfahrtflaute in der Corona-Pandemie rutschten die Reederei Dream Cruises und ihre malaysische Mutter in die Insolvenz. Und ihre deutsche Werftengruppe mit Standorten in Bremerhaven, Wismar, Rostock und Stralsund (MV Werften) mit ihr.
Seitdem liegt das Riesenschiff unbewegt im Wasser. Lange Zeit sah es aus, als warte es dort nur auf seine Abwrackung. Wer sollte mit dem Kahn schon etwas anfangen, mitten in der Kreuzfahrtflaute. Jetzt aber ist klar: Die Werftarbeiter in Wismar, die Zulieferer und die ganzen mitfiebernden Menschen der Region im Westen Mecklenburg-Vorpommerns, sie alle dürfen ihren Traum weiterträumen. Am Donnerstag erklärte Insolvenzverwalter Christoph Morgen auf der Werft, dass der Disney-Konzern die „Global One“ übernimmt.
Der US-Entertainmentkonzern unterhält eine große Kreuzfahrtabteilung. Und hier wie anderswo ist das Geschäft schneller wieder angelaufen als geplant. Zudem darf man annehmen, dass Disney das Schiff besonders günstig in seine Flotte übernehmen kann. Zwar schweigen beide Seiten – Insolvenzverwalter und Disney – über den Preis, den die Amerikaner zahlen. Aber dass er weit unter den rund 1,3 Milliarden Euro liegt, den der pleitegegangene Eigentümer angesetzt hat, darf wohl als gesichert gelten.
Und die Wismarer Werftarbeiter werden den Planungen nach das Schiff fertig- und für Disneys Bedürfnisse umbauen. Das soll die Papenburger Meyer-Werft übernehmen, die seit Langem versiert im Kreuzfahrtschiffbau ist – aber die Arbeiten sollen eben auf der Wismarer Werft geschehen. Die Meyer-Werft wird dafür die Wismarer Werft für zwei Jahre sozusagen ausleihen.
Denn eigentlich hatte Insolvenzverwalter Morgen die Werft längst verkauft – sie geht an den Kieler U-Bootbauer ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS), der hier Kriegsschiffe bauen will. Schon dieser Verkauf war ein Glücksfall für die Region, denn nach der Pleite stand auch eine Auflösung der Werft im Raum. Doch die neue Nachfrage nach Rüstungsgütern infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine kam am Ende den Werftlern in Wismar zugute. Nur war eben die Frage ungeklärt, was bis zur zunächst geplanten Ankunft von TKMS in Wismar 2023 oder 2024 mit dem Schiff passieren solle, dass noch die Werftbauhalle verstopft. Dafür ist jetzt eine Lösung da.
„Alle sind erleichtert, dass das Schiff mit neuem Design und klimafreundlichen Antrieb in See stechen wird und nicht verschrottet werden muss,“ sagte Daniel Friedrich vom IG-Metall-Bezirk Küste. Insolvenzverwalter Morgen steht damit vor einer erfolgreichen Zwischenbilanz: Die wesentlichen Vermögensgegenstände der MV Werften hat er an neue Eigner verkauft, die Arbeitsplätze erhalten wollen und weiter in der maritimen Industrie aktiv sind. Das alles schien noch recht utopisch, als zu Jahresbeginn die größte deutsche Werftenpleite seit Jahrzehnten gemeldet wurde.
Bei aller Erleichterung: Für deutsche Steuerzahlerinnen und -zahler wird die „Global Dream“ ein teures Minusgeschäft. Denn Bund und Land Mecklenburg-Vorpommern hatten jeweils mit dreistelligen Millionensummen für Kredite zur Fertigstellung des Schiffes gebürgt. Ein Teil dieser Bürgschaften werden nach dem Verkauf an Disney fällig werden. Wie hoch die Kosten für die öffentlichen Haushalte sind, ist noch nicht bezifferbar.