Nach den MV Werften hat nun auch der Hongkonger Mutterkonzern Genting den Gang zum Gericht angetreten, weil er seine Rechnungen absehbar nicht mehr bezahlen kann.
Das Unternehmen beantragte beim zuständigen Gerichtshof auf den Bermudas Gläubigerschutz, wie aus einer Mitteilung der Firma vom Mittwoch hervorgeht. Für die MV Werften wurde bereits am 10. Januar am Amtsgericht Schwerin Insolvenz beantragt, nachdem das Land Mecklenburg-Vorpommern einen Kredit an Genting über 78 Millionen Euro nicht auszahlte. Der asiatische Konzern, der unter anderem Kreuzfahrten und Glücksspiele anbietet, ist infolge der Pandemie in Schwierigkeiten geraten.
Für die MV Werften bedeute der Schritt von Genting einen Rückschlag, erklärte der vorläufige Insolvenzverwalter der Schiffbaubetriebe in Wismar, Stralsund und Rostock, Christoph Morgen. Das zu Genting gehörende Kreuzfahrtunternehmen Dream Cruises sei der Kunde für das Schiff „Global One“, das zu 75 Prozent fertig auf der Werft in Wismar liege, sagte Morgen. „Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Sanierungsverfahren Erfolg hat und Dream Cruises als Kunde erhalten bleibt.“
Morgen betonte: „Wir werden mit Dream Cruises als unserem Kunden weiterhin intensiv sprechen.“ Aber aufgrund der jetzt eingetretenen Situation würden auch mit neuen Interessenten Gespräche über einen Fertigbau geführt. Diese Bemühungen würden intensiviert. Es hätten sich bereits mehrere ernsthafte Interessenten für das Kreuzfahrtschiff bei ihm gemeldet, berichtete Morgen. Sofern es gelinge, eine Lösung mit Dream Cruises oder einem anderen Abnehmer zu finden, sei er zuversichtlich, auch eine Bauzeitfinanzierung zu erhalten. Dabei geht es um 600 Millionen Euro.
Wichtig aus Sicht des Verwalters, des Landes MV und von Banken: Ein Verkauf des Schiffes würde mehr Geld bringen als eine Verschrottung. Allein Mecklenburg-Vorpommern ist mit rund 300 Millionen Euro an Bürgschaften in dem Projekt engagiert. Heiko Messerschmidt von der IG Metall sagte, ein Fertigbau würde zudem für gewisse Zeit Arbeit auf der Werft in Wismar sichern und so Zeit für die Entwicklung neuer Perspektiven schaffen. Am Mittwochnachmittag sollte eine Online-Versammlung der IG-Metall-Mitglieder bei den MV Werften stattfinden.
Die „Global One“, auch „Global Dream“ genannt, gilt mit Platz für fast 10 000 Passagiere als das weltweit größte Kreuzfahrtschiff. Es wurde speziell für die Bedürfnisse von Genting und dessen asiatischen Markt konzipiert. Bislang hieß es, es werde schwierig sein, einen anderen Käufer zu finden.
MV-Werften-Geschäftsführer Carsten Haake betonte, die gesamte Belegschaft stehe hinter dem Ziel, die „Global One“ fertigzubauen. „Auch schiffbaulich ist dieses Ziel logisch, denn wir haben das Know-how vor Ort und das Projekt bislang sehr gut geschultert.“ Landeswirtschaftsminister Reinhard Meyer will auch arbeitsmarktpolitische Möglichkeiten für die Werftarbeiter ausloten, wie er in Schwerin sagte. „Das Land ist in Gesprächen mit dem Insolvenzverwalter, dem Bund sowie mit der Bundesagentur für Arbeit.“ Die MV Werften haben rund 2000 Mitarbeiter.
Meyer bedauerte die Entwicklung. Genting sei für die MV Werften für viele Jahre ein zuverlässiger Arbeitgeber und Kunde gewesen. „Daher ist diese Nachricht umso trauriger.“ Nun werde es darauf ankommen, ob sich aus dem Gläubigerschutzverfahren eine Perspektive für Dream Cruises entwickeln könne.
Es sei aber gut, dass der Insolvenzverwalter nach weiteren Interessenten suche, sagte Meyer. „Das Land arbeitet mit allen Beteiligten an Lösungen vor Ort. Hierzu zählt auch die Weiterentwicklung der Standorte.“ In Stralsund etwa will die Kommune einen maritimen Gewerbepark auf dem Werftgelände entwickeln.
Genting selbst sprach in der Mitteilung von einer „Abwicklung“ („winding up“) und reichte in seinem Antrag beim Gerichtshof in Bermuda Vorschläge für die Ernennung vorläufiger Insolvenzverwalter ein. Angestrebt ist demnach aber eine Restrukturierung sowie Verhandlungen mit Gläubigern. Eine Anhörung soll am Donnerstag stattfinden.
Man habe sich zu den Schritt entschieden, nachdem alle Anstrengungen unternommen worden seien, um mit Gläubigern und Anteilseignern zu verhandeln, teilte Genting weiter mit. Laut Schätzungen des Unternehmens wird Genting Ende Januar das Geld ausgehen, sowohl wegen laufender Kosten als auch Forderungen von Geldgebern. Der Konzern hatte bereits gewarnt, dass wegen der Insolvenz der MV Werften Kredite bis zu knapp 2,8 Milliarden US-Dollar (2,4 Mrd Euro) zurückgefordert werden könnten. Der Handel mit den Aktien des Konzerns ist seit Dienstag an der Hongkonger Börse ausgesetzt.