Trotz guter Umfragewerte will die Union offiziell nicht über Regierungsmannschaft oder den Zuschnitt der Ministerien reden. Aber an verschiedenen Stellen wird bereits deutlich, dass sich CDU und CSU im Hintergrund mit dem Blick auf den von ihnen erwarteten Wahlsieg längst Gedanken machen, wie eine von ihnen geführte Bundesregierung aussehen soll.
Es gibt erste Vorschläge für den möglichen Zuschnitt der Ministerien – und für die Besetzung der Ressorts. Wirkliche Entscheidungen fallen allerdings erst, wenn klar ist, welche Parteien mit welchen Wünschen zusammen regieren.
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist die Einführung eines Digitalministeriums sehr wichtig. Sollte die Union tatsächlich an der nächsten Bundesregierung beteiligt sein oder sie sogar anführen, ist deshalb wahrscheinlich, dass es erstmals ein eigenständiges Digitalministerium geben wird. Dies war über die Jahre immer wieder diskutiert und verworfen worden.
Aber die Versuche, die Zuständigkeit im Kanzleramt oder im Innen- und Verkehrsministerium anzusiedeln, haben die Digitalisierung nicht entscheidend vorangebracht. Deshalb will die Union nun alles in einem eigenen Haus mit starken Durchgriffsrechten bündeln. Auch etliche Wirtschaftsverbände fordern dies.
Allerdings: Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie stark das Ressortprinzip ist. Ministerien sind sehr eigenständig, gerade weil sie von Politikern verschiedener Parteien geführt werden. Außerdem liegt die Zuständigkeit etwa für Dienstleistungen für Bürger oder Aufsichtsbehörden zum erheblichen Teil bei Ländern und Kommunen, bei denen die Digitalisierung aber oft nicht oberste Priorität hat. „Der Aufbau eines neuen Ministeriums bedeutet zudem erst einmal eine monatelange Verzögerung“, warnt ein führender Ampel-Politiker.
Werden Ministerien zusammengelegt?
Mit ihrer Idee hat die Union aber die Fantasien über den generellen Zuschnitt der Ministerien beflügelt. Denn in der vergangenen Woche beschlossene „Agenda 2030“ des CDU-Bundesvorstands heißt es: „Das von uns neu vorgesehene Digitalministerium werden wir an anderer Stelle einsparen, sodass die Gesamtzahl der Ministerien nicht erhöht wird.“ Denkbar wäre die Auflösung des erst 2021 gebildeten Bauministeriums. Oder es muss Zusammenlegungen geben.
An erster Stelle wird an eine Fusion von Außen- und Entwicklungsministerium gedacht: Das eine Haus beansprucht die Führung für auswärtige Finanzentscheidungen, das andere verfügt aber über das Geld. Eine weitere Idee ist, das Wirtschafts- und das Arbeitsministerium zusammenzulegen – oder zumindest Teile davon. Merz selbst befeuerte die Spekulationen, weil er am Mittwoch sagte: „Ich habe große Sympathie dafür, dass die Arbeitsmarktpolitik auch wieder in das Wirtschaftsministerium kommt. Aus meiner Sicht ist Arbeitsmarktpolitik vor allem Wirtschaftspolitik und nicht Sozialpolitik.“
Sofort wurden Einwände laut: DGB-Chefin Yasmin Fahimi riet aus inhaltlichen Gründen ab, fügte aber hinzu: Sie würde der künftigen Regierung raten, nicht irgendwelche Ministerien-Zuschnitte neu zu gestalten, „sondern schnell ins Arbeiten zu kommen“.
Die Erfahrungen der vergangenen Regierungen zeigen zudem, dass am Ende oft persönliche Interessen der Führungsfiguren in Parteien entscheiden. Der damalige CSU-Chef Horst Seehofer bastelte sich ein überdimensioniertes Innenministerium, um seine Bedeutung zu unterstreichen. Vizekanzler Robert Habeck regierte über ein Wirtschafts- und Klimaministerium – aber Außenministerin Annalena Baerbock holt auch die auswärtige Klimapolitik zu sich ins Haus. Und die FDP forderte 2009 erst die Zusammenlegung von AA und BMZ im Wahlprogramm – um danach gleich die Minister in beiden Ressorts zu stellen.
Wer wird Minister?
Die personelle Besetzung der Ministerien wird ohnehin erst ganz am Ende der Koalitionsverhandlungen entschieden, wenn Parteien wissen, mit wem sie wirklich regieren – und welche Ressorts sie selbst mit welchem Zuschnitt besetzen können. Allerdings dreht die CSU diesmal die Reihenfolge um: Obwohl die CSU bei einer Regierungsbeteiligung erneut kleinster Partner würde, traf CSU-Chef Markus Söder bereits eine Vorfestlegung: Das Landwirtschaftsministerium werde seine Partei besetzen – mit dem bayerischen Bauernverbandspräsidenten Günther Felßner. Dies ist eine strategische Entscheidung, um die Freien Wähler in Bayern klein zu halten – aber sie begrenzt den Spielraum des nächsten Kanzlers.
Merz wiederum hat bereits angedeutet, dass er das geplante Digitalministerium gerne mit einer externen Person aus der Wirtschaft besetzen würde. Gehandelt werden etwa Namen wie die der Startup-Expertin Verena Pausder und Katrin Suder, die bereits Vorsitzende des Digitalrats der Bundesregierung und Verteidigungs-Staatssekretärin gewesen war.