Die akuten Zahlungsprobleme des Holzverarbeiters German Pellets in Wismar bestanden nach Angaben der Finanzmanagerin der Firmengruppe schon lange vor dem am 9. Februar 2016 eingereichten Insolvenzantrag. Die Lage sei 2015 und möglicherweise auch schon 2014 prekär gewesen. „Die Liquidität war sehr oft angespannt“, sagte die frühere Büroleiterin des Geschäftsführers am Donnerstag im Landgericht Schwerin.
Die Finanzökonomin aus Wismar war erste Zeugin im Prozess um die Millionen-Pleite von German Pellets. Dem Geschäftsführer und zwei weiteren Leitungskräften werden unter anderem Insolvenzverschleppung, Betrug, Bankrott und Steuerhinterziehung zur Last gelegt. Der Verteidiger des Hauptangeklagten hatte zum Prozessauftakt Anfang März die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als unzutreffend zurückgewiesen.
Im Auftrag des Geschäftsführers habe sie regelmäßig Liquiditätspläne erstellt und auch Zahlungspläne entworfen, sagte die Zeugin. Der Firmenchef sei anfangs immer tagaktuell über die Finanzlage informiert worden und habe je nach Kassenlage entschieden, welche Forderungen beglichen und welche Zahlungen aufgeschoben werden.
Von Herbst 2015 an sei dann aber die Kommunikation immer schwieriger geworden, oft sei der Geschäftsführer nicht erreichbar gewesen. „Wir sind völlig führungslos unserem Tagwerk nachgegangen, Zahlungen konnten nicht angewiesen werden. Es herrschte eine Stimmung: Hier bricht alles zusammen“, berichtete die Frau.
Unklar blieb nach der Befragung, welche Rolle der in Wien ansässige Zwischenhändler MFC Commodities spielte. Dieser habe Vorräte des Holzbrennstoffs von German Pellets aufgekauft und – ohne dass diese die Silos des Unternehmens verlassen hätten – wieder an die Wismarer Firma verkauft. Die Anwälte des Ex-Geschäftsführers werfen MFC vor, Ende Januar 2016 überraschend einen Versuch unternommen zu haben, German Pellets zu übernehmen. Dies habe maßgeblich mit zur Zahlungsunfähigkeit geführt.
German Pellets galt mit Markteintritt 2005 als ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Firmenneugründung im Bereich der erneuerbaren Energien. Das Unternehmen stieg nach eigenen Angaben zum europaweit größten Lieferanten von Holzpellets für Heizungen auf und expandierte weltweit. In Folge niedriger Öl- und Gaspreise ging die Pellet-Nachfrage aber zurück, für Fachleute einer der Gründe für die massiven Finanzprobleme.
Auch die Ausgabe hochverzinster Anleihen, über die die international agierende Firmengruppe früheren Angaben zufolge 237 Euro einnahm, brachte nicht die erhoffte Stabilisierung. Zur planmäßigen Rückzahlung der ersten Anleihe im Frühjahr 2016 sei es schon nicht mehr gekommen. Laut Insolvenzverwalter Nicolas Rebel besteht für die rund 17 000 Privatanleger kaum Aussicht darauf, Geld zurückzuerhalten. Gegenüber der „Fuldaer Zeitung“ hatte Rebel die Gesamtsumme der von allen Gläubigern angemeldeten Forderungen mit etwa zwei Milliarden Euro beziffert.