Udo Lindenberg war auf Entzug und seine Fans auch. Jetzt hat der Altrocker sein „Udopium“ wieder: Er ist zurück auf der Bühne.
Das erste Konzert nach der Corona-Zwangspause in Schwerin ist von den Fans heiß ersehnt, von manchem wohl auch bang erwartet worden. Haben Pandemie und Lockdown Spuren bei dem inzwischen 76-Jährigen hinterlassen?
Die Sorgen erweisen sich als unbegründet: Lindenberg legt eine zweistündige Show hin, bei der er alle Register zieht und alles gibt. Keine stimmlichen oder Konditionsschwächen. „Wir sind wieder da, wo wir hingehören, wo unser echtes Zuhause ist“, ruft Lindenberg sichtlich gelöst und glücklich seinem Panik-Orchester und den 8000 begeisterten Konzertbesuchern in der ausverkauften Sport- und Kongresshalle Schwerin zu. „Geiles Konzert. Danke Schwerin!“
Die Jahre der Corona-Pandemie hätten zu den schlimmsten in seinem Leben gehört, bekennt Lindenberg. Keine Auftritte, er als einziger Gast im Lockdown im Hamburger Atlantic-Hotel, wo er wohnt. Die Korridore abgedunkelt. „Da trifft man auf Geister, gute Geister, böse Geister, Flaschengeister“, plaudert er.
Er habe im Lockdown neue Shows entwickelt, sich mit Joggen fit gehalten und viel gemalt, erzählt er Journalisten hinter der Bühne. Er signiert ein paar Plakate und zeichnet seine Männchen drauf. Neben den Plakaten zeichnet er weiter auf der Wand – der Schalk hat Lindenberg nicht verlassen. Das Malen ist Udos zweite Leidenschaft neben der Musik. Seine animierten Zeichnungen flimmern während des Konzerts über die große Bühnen-Leinwand und illustrieren seine Songs.
Lindenberg bietet ein Best of aus seiner langen Karriere – von „Honky Tonky Show“ bis zum „Sonderzug nach Pankow“, von „Cello“ bis „Reeperbahn“. Das Publikum ist von der ersten Minute an voll dabei, singt mit – als hätte es keine Unterbrechung der Musiker-Publikum-Beziehung durch die Corona-Pandemie gegeben. „Zum ersten Mal auf der Bühne nach drei Jahren Entbehrung, Verzicht und Entzug“, ruft Lindenberg seinen jubelnden Fans zu. „Das Udopium ist wieder da – endlich!“
Lindenberg schleicht und tänzelt und hüpft über die Bühne wie eh und je, wirbelt das Mikro herum, schäkert mit Tänzerinnen und Sängerinnen. Rund 150 Mitwirkende sind dabei, das Panikorchester natürlich und auch ein Kinderchor. Politische Statements dürfen nicht fehlen – Udo Lindenberg lästert über den Zustand der Katholischen Kirche, feiert die Schwulenbewegung und äußert sich auch zum Ukraine-Krieg.
Zwischen den Songs „Wozu sind Kriege da“ und „Wir ziehen in den Frieden“ sagt er: „Auch wenn manche sagen, Pazifismus wäre heute naiv: Wir brauchen doch Utopien. Trotz allem Realismus, wir dürfen die Utopie niemals aufgeben. Es geht um die Zukunft unserer Kinder, in der Ukraine, in Russland und in Deutschland und überall auf der Welt.“
Udo Lindenberg und seine Anhänger haben ihr „Udopium“ wieder. Die Fans werden sich auf die 20 Konzerte freuen, die dem Schweriner Tourauftakt bis zum 10. Juli folgen, von Berlin bis München und von Mannheim bis Hamburg. Alle sind nach Angaben des Managements bis auf Restkarten ausverkauft.