Donnerstag, 28.November 2024 | 06:29

Furiose Halbzeit reicht: Brasiliens Fußball-Stars zaubern auch für Pelé

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Brasilien lässt im Achtelfinale der Fußball-Weltmeisterschaft gegen Südkorea nie Zweifel aufkommen, dass es seiner Favoritenrolle gerecht wird. In der ersten Halbzeit tanzen die Südamerikaner mehrfach nach traumhaften Toren. Genesungswünsche schickt das Team in die Heimat zu Pelé.

Sie zauberten, sie tanzten – und dann widmeten sie ihren Sieg Pele. Der Weltstar Neymar und der Rest von Brasiliens famosem „Zirkus“ versammelten sich nach ihrem Viertelfinal-Einzug in Doha hinter einem großen Transparent, das „O Rei“ zeigte: den schwerkranken König des brasilianischen Fußballs, das Sport-Denkmal der Nation. Ein unbeschwerter WM-Party-Abend bekam eine traurige, emotionale Note.

„Wir spielen auch für Pele“, sagte Torschütze Vinicius Junior. „Er hat uns immer unterstützt. Wenn wir an ihn denken, macht uns das stark.“ Somit sei Brasilien „jetzt richtig angekommen, wir haben viel Selbstvertrauen“.

Der 45 Minuten lang sagenhaft starke Rekord-Weltmeister hatte im Achtelfinale Südkorea voller Spielwitz mit 4:1 (4:0) ausgeschaltet, drei Siege fehlen noch bis zum „Hexa“ – dem ersehnten sechsten WM-Stern. Auch gegen Kroatien am Freitag wird die Selecao, die zeitweise entfesselt spielte wie seit Jahren nicht mehr, klarer Favorit sein.

Brasilien bekam reichlich Gelegenheit, seine vor dem Turnier einstudierten Tortänze zu zeigen. Nach dem 1:0 (7.) ließ Vinicius Junior mit drei Kollegen elegant die Hüften kreisen, Neymar (13., Foulelfmeter) hüpfte mit der Mannschaft wie wild in der Jubeltraube, Richarlison (29.) tanzte nach seinem Traumtor sogar mit Trainer Tite.

Lucas Paqueta (36.) legte später mit Neymar, der nun 76 Länderspieltore hat (eines weniger als Pele), eine Samba auf den Rasen – die überforderten Koreaner wussten nicht, wo ihnen der Kopf steht. In der zweiten Halbzeit schaltete der Favorit vor 43.847 Zuschauerinnen und Zuschauern entspannt auf Schonung um, das ermöglichte Paik Seung-Ho immerhin den Ehrentreffer (76.).

Das stete Bangen um Pelé hatte die vergangenen Tage von Rio de Janeiro bis São Paulo geprägt. Zunächst kam die erschütternde Nachricht, die Krebsbehandlung beim 82 Jahre alten nationalen Fußball-Denkmal schlage nicht mehr an, doch die Familie widersprach scharf: Inzwischen ist von einer Atemwegsinfektion als Folge einer Ansteckung mit dem Coronavirus die Rede. „Seine Stunde ist noch nicht gekommen“, versicherte Pelés Tochter Flavia Nascimento.

Auf dem Instagram-Kanal des dreimaligen Weltmeisters wurde vor dem Anpfiff ein Foto veröffentlicht: Pelé wandelt bei seiner ersten WM 1958 durch Schweden, mit damals 17 Jahren. „Ich möchte euch inspirieren, meine Freunde“, stand darunter, er schaue das Spiel im Krankenhaus: „Ich drücke jedem von euch von Herzen die Daumen.“

Also auch: Neymar! Der Superstar kam nach zwei Spielen Pause wegen einer Knöchelverletzung fulminant zurück und war gleich wieder der Fixstern. Er schuf den Platz für die anderen Artisten. Südkorea setzte auf seinen Topstürmer Heung-Min Son, der bis auf eine Großchance (47.) kaltgestellt war, auf dem rechten Flügel spielte für den Halbfinalisten von 2002 der Mainzer Lee Jae-Sung. Doch was half es?

Die Rollen waren eindeutig verteilt, Südkorea ging als krasser Außenseiter ins Spiel und schlief sogleich folgenschwer. Raphinha ging auf rechts ohne Gegenwehr durch und passte scharf in die Mitte, hinter einem Spielerknäuel stand Vinicius Junior frei. Vor dem Elfmeter riefen die Fans dann Neymars Namen, Jung Woo-Young hatte Richarlison gefoult. Der Star kam – und traf. Erst danach hatte Südkorea durch Hwang Hee-Chan (17.) per Fernschuss eine erste Chance.

Es folgte eine dreißigminütige Demonstration von brasilianischer Fußballkunst, wie sie lange nicht mehr zu sehen gewesen war. Richarlison hielt den Ball dreimal mit dem Kopf in der Luft, dann entspann sich blitzartig ein Passdreieck zum 3:0. Das vierte Tor war kaum weniger schön. Brasilien tanzte mit Ball – und ohne. Nie hatte Brasilien bei einer WM zur Halbzeit höher geführt. Auf der Tribüne lachten Cafu, Roberto Carlos, Rivaldo und Ronaldo. Sie alle haben die WM gewonnen. Neymar noch nicht.

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