Der Bau von Terminals für die Anlandung von Flüssigerdgas soll Deutschland unabhängig von russischen Exporten machen.
Doch die Projekte werden deutlich teurer als geplant. Die Kosten belaufen sich bereits auf über sechs Milliarden Euro – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich gedacht.
Anschaffung und Unterhalt schwimmender Flüssigerdgas-Terminals (LNG) kosten Deutschland mindestens dreieinhalb Milliarden Euro mehr als geplant. Insgesamt seien derzeit rund 6,56 Milliarden Euro an Haushaltsmitteln vorgesehen, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Im Haushalt für 2022 seien noch 2,94 Milliarden Euro veranschlagt worden. Die Erhöhung sei „aufgrund der sich dynamisch entwickelnden Situation notwendig“, hieß es.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat gerade erst zusätzliches Geld für die Terminals bewilligt. „Mittlerweile konnten in umfangreichen Abstimmungen mit zahlreichen Akteuren weitere Kosten bestimmt und zunächst prognostizierte Kosten konkretisiert werden“, so das Ministerium. Das betreffe etwa Betriebskosten und Kosten für zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen an Land.
Der Bau der Terminals sei essenziell für die Energiesicherheit. „Insbesondere die Reduktion und dann der Wegfall von russischen Gaslieferungen machen sie zwingend notwendig“, betonte das Ministerium. Deutschland verfügt bisher über keine eigenen Anlandeterminals. „Diese neue Infrastruktur ist aber wichtig zur Steigerung der Vorsorge und zur Diversifizierung“, hieß es.
Aus Unterlagen des Haushaltsausschusses geht einem Bericht des „Spiegel“ zufolge außerdem hervor, dass zwei der Terminals für 15 Jahre gechartert werden mussten statt für zehn Jahre, wie ursprünglich geplant. Deutschland habe demnach zwar die Option verhandelt, den Zeitraum auf zehn Jahre zu verkürzen, müsse darüber aber schon im nächsten Jahr entscheiden.
„Die Ampelkoalition hat sich mit der alternativlosen Nutzung von LNG-Gas erpressbar gemacht und muss jetzt Milliarden draufzahlen“, sagte der Linken-Haushaltspolitiker Victor Perli dem Magazin. Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven Christian Kindler sagte: „Kurzfristig ist die Gasversorgung zu sichern, aber wir müssen aufpassen, dabei keine fossilen Überkapazitäten für die Zukunft zu schaffen. Wir brauchen im Haushaltsausschuss mehr Klarheit über die Kosten und Risiken der LNG-Projekte.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte den Bau des ersten deutschen LNG-Terminals innerhalb von 200 Tagen als zentralen Baustein für die Energiesicherheit gelobt. „Deutschland kann schnell sein und mit hoher Entschlossenheit Infrastrukturprojekte voranbringen, wenn Bund und Länder und die Projektbeteiligten an einem Strang ziehen“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag anlässlich der Fertigstellung des schwimmenden Terminals in Wilhelmshaven.
Ein zweites Terminal soll in Brunsbüttel ebenfalls zum Jahreswechsel in Betrieb gehen. Ein weiteres, privates Terminal wird den Planungen zufolge in Lubmin ebenfalls bereit sein. Da zudem im folgenden Winter 2023/2024 zwei weitere Terminals fertiggestellt sein sollen, könnte dann über die fünf Terminals etwa ein Drittel des deutschen Gas-Bedarfs gemessen am Verbrauch 2021 gedeckt werden. Aus Russland waren per Pipeline aber in den vergangenen Jahren etwa 50 Prozent gekommen. Die Lücke soll vor allem durch Einsparungen beim Gas von um die 20 Prozent gefüllt werden.