Mit umfangreichen Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland reagiert die Ampel-Koalition auf die stark gestiegenen Energie- und Spritpreise.
Geplant sind eine Energiepreispauschale, eine Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate sowie Hilfen für Familien und Geringverdiener. Das teilten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP in Berlin mit. Vorgesehen sind auch billige Tickets für Busse und Bahnen im Öffentlichen Personennahverkehr – sowie Maßnahmen für mehr Energieeffizienz.
Die Spitzen von SPD, FDP und Grünen hatten sich am Donnerstagmorgen auf das Paket geeinigt. Die Gespräche hatten am Vorabend um 21 Uhr begonnen. Die „Mitte“ der Gesellschaft solle schnell, unbürokratisch und sozial gerecht entlastet werden, hieß es in einem Beschlusspapier.
Diese Erleichterungen erwarten Verbraucher:
Energiepreispauschale: Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen werde einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt vom Arbeitgeber ausgezahlt. Diese sind zu versteuern. Für Selbstständige soll im Gegenzug die Vorauszahlung der Einkommenssteuer um 300 Euro gesenkt werden. Rentner und Rentnerinnen profitieren laut Angabe der SPD-Bundestagsfraktion gegenüber nicht von der Pauschale.
Senkung der Spritpreise: Beschlossen wurde eine Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate auf das europäische Mindestmaß. Der Spritpreis soll damit beim Benzin um 30 Cent pro Liter und beim Diesel um 14 Cent pro Liter sinken.
Vergünstigte ÖPNV-Tickets: Die Koalition will zudem bundesweit für 90 Tage ein Ticket für 9 Euro pro Monat für den Öffentlichen Personennahverkehr einführen. Dazu sollen die Länder entsprechende Mittel bekommen.
Entlastung für Familien: Zur Abfederung besonderer Härten für Familien soll schnellstmöglich für jedes Kind ergänzend zum Kindergeld ein Einmalbonus in Höhe von 100 Euro über die Familienkassen ausgezahlt werden. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet.
Weitere Einmalzahlung für Empfänger von Sozialleistungen: Empfänger von Sozialleistungen sollen nach dem Willen der Ampel-Koalition wegen der hohen Energiepreise eine weitere Einmalzahlung bekommen. Zusätzlich zu den bereits beschlossenen 100 Euro sollen pro Person weitere 100 Euro ausgezahlt werden.
Weiter hieß es, bei den jetzigen Energiepreisen sei davon auszugehen, dass zum 1. Januar 2023 die Regelbedarfe die hohen Preissteigerungen abbilden und damit angemessen erhöht werden. Um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Weg für Direktzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, werde die Bundesregierung möglichst noch in diesem Jahr einen Auszahlungsweg über die Steuer-ID für ein Klimageld entwickeln. Die Koalition verständigte sich außerdem auf Maßnahmen für mehr Energieeffizienz. Das soll auch dazu beitragen, wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine die Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland zu verringern.
Ab dem Jahr 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden – im Koalitionsvertrag war das bisher zum 1. Januar 2025 vorgesehen. Es soll zudem der Rahmen dafür geschaffen werden, dass Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien ihre über 20 Jahre alten Heizungsanlagen austauschen können. Außerdem soll eine große Wärmepumpen-Offensive gestartet werden.
Grünen-Chefin Ricarda Lang sprach von einem Ausstieg aus der Gasheizung. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hatte mehr Anstrengungen beim Energiesparen als Bedingung für ein Entlastungspaket genannt. Er hatte zum Beispiel Gasheizungen als „Auslaufmodell“ bezeichnet.
FDP-Chef Christian Lindner sieht in der Einigung der Koalitionsspitzen einen Beweis für die Handlungsfähigkeit der Regierung. „Die Koalition ist der Überzeugung, dass wir die Menschen und die Wirtschaft angesichts dieser enormen Preissteigerungen kurzfristig und befristet schützen müssen“, sagte der Finanzminister. Lindner sagte, das zweite Energieentlastungspaket werde ein ähnliches Volumen wie das erste Paket vor vier Wochen haben. Dieses hatte er zuletzt meist auf 14 bis 16 Milliarden Euro taxiert. Genaue Zahlen könne er aber noch nicht nennen. Dies hänge unter anderem vom Spritverbrauch ab.
Die Koalition hatte sich im Februar vor Ausbruch des Ukraine-Krieges auf ein erstes Entlastungspaket geeinigt. Dieses sah unter anderem vor, die milliardenschwere EEG-Umlage über die Stromrechnung ab Juli abzuschaffen. Zuvor war dies für Anfang 2023 geplant. Außerdem ging es bei dem Paket um eine Erhöhung der Pendlerpauschale für Fernpendler. Zur Entlastung der Verbraucher bei den Energiekosten will die Ampel-Koalition unter anderem die Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate auf das europäische Mindestmaß senken. Dies teilten SPD, Grüne und FDP am Donnerstag nach einer nächtlichen Sitzung des Koalitionsausschusses mit.