Donnerstag, 28.November 2024 | 05:39

Eklat zwischen DFL und DAZN: Was bedeutet der TV-Rechte-Knall für die Bundesliga?

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Zum Ersten, zum Zweiten – verkauft an vorerst niemanden: Die Auktion hat ihren Hammer. Erstmals in der Geschichte des Profifußballs musste die Versteigerung der Medienrechte ausgesetzt werden. Der Milliardenpoker ruht, weil Bieter DAZN der Deutschen Fußball Liga (DFL) Diskriminierung vorwirft. Wie es nach dem Eklat weitergeht, ist erst einmal völlig offen. Eine juristische Auseinandersetzung scheint nicht ausgeschlossen.

Was ist überhaupt passiert?

Schon in der ersten Runde der am Montag gestarteten Auktion kam es zum Knall zwischen der DFL und DAZN. Der Streaming-Dienst hat nach eigenen Angaben beim Wettbieten um das größte Rechtepaket B das höchste Angebot abgegeben, sollte aber kurzfristig eine Bankgarantie liefern. In einem Brief an die DFL-Geschäftsleitung und alle 36 Klubs erklärte sich DAZN deshalb. Demnach hat das Unternehmen, wie bei der bisher letzten Ausschreibung „eine harte Patronatserklärung abgeben“.

Dabei gibt es einen Unterschied: Eine Patronatserklärung ist eine Zusage eines Dritten, für die Verbindlichkeiten einer Person oder Organisation einzustehen. Eine Bankbürgschaft wird von einer Bank ausgestellt, um für die Schulden eines Kunden einzustehen. Weiter erklärte das Unternehmen: „Trotz dieser zuvor akzeptierten Position verlangten Sie (die DFL, Anmerk. d. Red.) am Montag, den 15. April 2024, mitten im Ausschreibungsverfahren, innerhalb von 24 Stunden eine ganz konkrete Bankgarantie von DAZN – eine unmögliche Aufgabe.“

Der Reihe nach: Paket B? Um was geht es da eigentlich?

Die DFL versteigert derzeit die TV-Rechte für die beiden Bundesligen ab der Saison 2025/26. Dafür wurden die Rechte in mehrere Pakete aufgespalten. Einige sollen im Bezahl-Fernsehen laufen, andere im Free-TV. Insgesamt sind es für die erste und zweite Bundesliga sieben Stück. Dabei ist B das größte Paket, mit 196 Live-Partien. Es umfasst nicht nur die Relegation und die Freitagabendpartien um 20.30 Uhr, sondern auch alle Einzelspiele am Samstag 15.30 Uhr.

Es gibt jedoch noch weitere Pakete: Die klassische Konferenz am Samstagnachmittag steckt in Paket A. Paket C umfasst die Topspiele am Samstagabend, die um 18.30 Uhr laufen und zusätzlich noch der Supercup, also das Aufeinandertreffen des Meisters und des Pokalsiegers. Paket D sind die Sonntagsspiele, früher gehörte noch das Freitagabendspiel dazu. Es war das Paket, das DAZN bislang und auch in der nächsten Saison zeigen wird. Zur Auktion stehen zudem auch die Spielzusammenfassungen im Internet und im TV.

Warum kam es nun zum Eklat?

DAZN bekam im Wettbieten am Montag nicht den Zuschlag für das große Rechtepaket, trotz des nach Ansicht des Unternehmens „finanziell überlegenen Angebots“. Stattdessen erhielt Sky dem Vernehmen nach den Zuschlag, wollte sich dazu aber nicht äußern.

Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, habe DAZN schon in der ersten Runde mehr als Sky geboten, aber nicht genug, um automatisch den Zuschlag zu bekommen. Erst in der zweiten Runde habe der Streaming-Dienst „die Summe drastisch erhöht und sogar deutlich über den Erwartungen der Liga gelegen“. Angeblich geht es um eine Größenordnung von etwas mehr als 300 Millionen Euro.

Wie geht es zwischen den Konfliktparteien weiter?

In seinem Brief erklärte DAZN, die Vergabe von Paket B verstoße gegen deutsches und europäisches Kartellrecht. Das Streaming-Unternehmen hat deshalb das Bundeskartellamt eingeschaltet, das die Ausschreibung genehmigt hat und auch überwacht. Doch: Die Behörde hat nicht die Autorität oder den Status eines Gerichts, um den Prozess nach einer Entscheidung wieder freizugeben. Das Kartellamt kann höchstens die Funktion eines Mediators übernehmen.

Ohnehin ist im Moment schwer vorstellbar, dass die beiden Streitparteien wieder zueinanderfinden. Das Vertrauensverhältnis ist erschüttert. Zu deutlich war auch die Zurückweisung der DFL-Geschäftsführung, die den Klubs in Bezug auf das DAZN-Schreiben mitteilte: „Die hierin erhobenen Unterstellungen und Vorwürfe sind unzutreffend, haltlos und wir weisen sie in aller Deutlichkeit zurück.“ Das Schreiben der DAZN Group Limited enthalte „zudem eine Vielzahl von unrichtigen Darstellungen und Verkürzungen von Sachverhalten“, schrieben die DFL-Geschäftsführer.

Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, ist auch im Umfeld von DAZN der Unmut groß. Demnach werde beim Streaming-Dienst gemutmaßt, die DFL habe ohnehin vorgehabt, das große Rechtepaket B an Sky zu vergeben. DAZN sollte angeblich nur dazu dienen, den Preis hochzutreiben. Die Bankgarantie, so schreibt das Blatt, sei ein Vorwand gewesen, die Rechte doch nicht an DAZN zu vergeben – obwohl das Angebot viel höher gewesen sei.

Warum wollte die DFL eigentlich eine Bankgarantie?

Grundsätzlich scheint es nicht weit hergeholt, dass die DFL als „gebranntes Kind“ auf Nummer sicher gehen will. In der Vergangenheit konnte sich der Ligaverband schon mehrmals nicht auf einen Käufer verlassen (Kirch-Pleite, Arena-Aus, Eurosport-Ausstieg). Deshalb ist es nachvollziehbar, dass die DFL nicht den geringsten Zweifel an einer Finanzgarantie tolerieren möchte. Zudem zitierte die „Bild“-Zeitung einen DAZN-Sprecher, dass der Streaming-Dienst „immer innerhalb der vereinbarten Zahlungsfristen“ gezahlt habe. Der DFL zufolge sollen jedoch verspätete Zahlungen, zu „einem massiven Problem“ geworden sein. Das Blatt mutmaßt, dass es immer wieder zu Fristverlängerungen gekommen sein könnte.

Aber, was bedeutet das für die Klubs?

Schon vor dem Eklat hatten die Klubs noch mehr als sonst gebangt, denn der unruhige Markt bereitet Sorgen. Derzeit erhalten die 36 Profivereine rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison – was bereits einem jährlichen Minus von 100 Millionen im Vergleich zum vorhergehenden Zyklus entspricht. Aufgrund der kolportierten wirtschaftlichen Probleme der möglichen Interessenten war über einen weiteren Rückgang der Einnahmen unter die Milliardengrenze spekuliert worden.

Die Stücke vom Kuchen für alle Klubs könnten sogar noch kleiner ausfallen. Grund ist der geplatzte Einstieg eines Investors. Um die auf 600 bis 700 Millionen Euro taxierten Kosten für Investitionen in den nächsten fünf bis sechs Jahren zu stemmen, wird die „Binnenfinanzierung“ favorisiert. Im Klartext würde das bedeuten, dass die DFL die nötigen Summen einbehält und nicht an die Klubs ausschüttet.

Die Bundesliga steht jetzt unter enormen Zeitdruck, denn die noch gültigen Verträge laufen am Ende der kommenden Saison aus. Mehr als ein Viertel der aktuellen TV-Einnahmen kommt von DAZN. Die Klubs müssen für ihre Planungen und vor allem für die langfristige Verpflichtung neuer Spieler möglichst bald wissen, wie viel Geld es für die Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 gibt. Dass es bereits in den nächsten Tagen mit der Auktion weitergeht, erscheint im Moment unwahrscheinlich.

Es droht sogar das ganz große Desaster: Falls DAZN nach dem Ärger komplett aus dem Wettbieten aussteigt, steht die DFL sogar vor dem Dilemma, dass ein zahlungskräftiger Wettbewerber für die anderen Pay-TV-Pakete fehlt. Genauso problematisch wäre es für die Liga, wenn das Unternehmen den Streit vor Gericht bringt und ein langfristiger Rechtsstreit folgt. Den Ligaverband und Klubs brauchen Planungssicherheit.

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