Wie sieht eine grünere Zukunft von kleinen und mittelgroßen Häfen aus? Das ist die zentrale Frage, die innerhalb des EU-geförderten Projektes „DigiTechPort2030“ unter Leitung des European Project Centers der Hochschule Wismar gestellt wird. Denn insbesondere innerhalb der Hafenlogistik gibt es viele Möglichkeiten den CO2-Ausstoß zu verringern. Deshalb gab es Anfang Dezember 2024 für das Projektkonsortium aus dem südbaltischen Ostseeraum während eines Studienbesuches in Rostock nicht nur einen Einblick in den Hafen selbst. Dank der Einladung von Liebherr Maritim Cranes konnten die 18 Teilnehmenden mehr über Hafenkräne, ihre Herstellung und die Nachfrage nach diesen landbasierten Kränen von Hafeneigentümern erfahren. Außerdem erhielten sie Informationen zu Antriebsarten von landbasierten Kränen und damit verbundene Möglichkeiten der Dekarbonisierung von kleinen und mittelgroßen Häfen im Ostseeraum.
Das Werk der Liebherr-MCCtec Rostock GmbH, das sich im Rostocker-Hafen befindet, steht der größte landbasierte Kran im Ostseeraum. Dieser Travelling Cargo Crane (TCC) kann bis zu 1.600 Tonnen heben. Im Fokus standen jedoch eher die mobilen Kräne des Unternehmens, weil diese aufgrund einer Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten häufig in kleinen und mittelgroßen Häfen eingesetzt werden. Neben einer ausführlichen Tour durch die Produktion von Liebherr, einem Besuch des Kransimulators und der praktischen Vorführung eines Krans, blieb genügend Zeit sich über die Zukunft der mobilen Kräne auszutauschen. Auch bei Liebherr geht es um eine grünere Zukunft. „Dekarbonisierung ist weltweit ein großes Thema. Insbesondere in Nordamerika und Europa steht es hoch auf der Agenda“, schätzt Andreas Ritschel, General Manager des Sales Departments für mobile Hafenkräne bei Liebherr, die Lage ein. Inzwischen sei die Nachfrage nach elektrifizierten statt Dieselbetriebenen Kränen um etwa 300 Prozent gestiegen. Laut Ritschel seien die Häfen selbst motiviert ihren CO2-Ausstoß deutlich zu verringern. Hier soll es Unterstützung durch das Projekt „DigiTechPort2030“ geben. „Neben der Forschung wollen wir das auch mit neuem Equipment, elektrifiziertem Material und smarteren Lösungen für Prozesse erreichen“, erklärt Dr. Lawrence Henesey vom Blekinge Institute of Technology in Schweden die Idee hinter dem Projekt. Für das Projektteam war der Austausch mit Mitarbeitenden sehr wertvoll, um zu verstehen, worin die Herausforderungen liegen. So gibt es etwa technische Möglichkeit Kräne auch mit e-Fuels zu betreiben, die Versorgung mit diesen ist jedoch schwierig. Zu einem sei diese sehr kostenintensiv, zum anderen werden für die Versorgung und Lagerung große Kapazitäten benötigt. Aufgrund der geforderten Wirtschaftlichkeit und Effizienz bleibt daher oft nur die Entscheidung zwischen Diesel oder Strom.
Während einer Rundfahrt durch den Rostocker Hafen erfuhren die Forschenden zudem Spezifisches über den Rostocker Hafen. So werden dort große Rohre für Offshore-Windkraftanlagen gefertigt und direkt verschifft. Einige dieser Rohre werden mit dem starken TCC auf dem Gelände von Liebherr auf Schiffe geladen. Im Rostocker Hafen wurde der erste vollständig elektrisierte Liebherr-Kran LPS 420E in Deutschland aufgestellt. Alle Gewerke des LPS420E sind mit Strom angetrieben. Dies könnte auch die Zukunft für einige der kleinen und mittelgroßen Häfen sein.
„DigiTechPort2030“ wird im Rahmen des EU-Programms Interreg für den südlichen Ostseeraum gefördert. Mit einem Budget über 1,6 Millionen Euro erarbeiten die Projektpartner einen Werkzeugkasten zur Harmonisierung grüner Energie für kleine und mittelgroße Häfen sowie einen Fahrplan zur Einhaltung von EU-Vorschriften und grünen Richtlinien für die Häfen während der Übergangsphase. Denn die kleinen und mittelgroßen Häfen haben im Gegensatz zu großen Einrichtungen häufig geringere finanzielle Kapazitäten, fehlende personelle Ressourcen und weniger politische Unterstützung, um sich diesen Themen zu widmen. Neben der Hochschule Wismar als Projektträger beteiligen sich Klaipėda Science and Technology Park (Klaipėda, Litauen); Motus Foundation (Gdansk, Polen); Blekinge Institute of Technology (Karlskrona, Sweden); Maritime University of Szczecin (Stettin, Polen); Elbląg Sea Port Authority Ltd. (Elbląg, Polen), Klaipėda State Seaport Authority (Klaipėda, Litauen) und das Euro-Terminal Świnoujście (Świnoujście, Polen) an dem Projekt.