In der SPD regt sich augenscheinlich zunehmender Widerstand gegen Parteichefin Saskia Esken als mögliche Ministerin. „Ich denke, dass die SPD mit der Kabinettsbesetzung neben Erfahrung und Expertise auch ein Zeichen des Neubeginns setzen sollte“, sagte Berlins stellvertretende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey der „Rheinischen Post“. „Alles andere wäre in der Bevölkerung nach der historischen Wahlschlappe nicht erklärbar.“ Hintergrund sind Äußerungen von Esken, wonach sich die SPD-Chefin vorstellen kann, in der kommenden Bundesregierung ein Ministeramt zu bekleiden.
Giffey hatte sich zuvor bereits für eine Ablösung von Esken an der Parteispitze ausgesprochen. „Nach dem historisch schlechten Wahlergebnis der SPD ist es offensichtlich, dass daraus in der Partei Konsequenzen gezogen werden müssen“, sagte sie im Februar dem „Tagesspiegel“. Dies gelte für das Programm der Partei, aber auch persönlich für die SPD-Bundesspitze.
Auch andere SPD-Politiker stellen inzwischen offen die Zukunft von Esken infrage. „Für die Genossin Esken sehe ich eigentlich keine weiteren Aufgaben in der Parteiführung, die letztlich für die SPD auch Fortschritt und Mehrwert bringen könnte“, sagte etwa der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung ebenfalls dem „Tagesspiegel“.
Rückkehr zur Solospitze?
Die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag äußerte sich ähnlich. Eine langjährige Parteivorsitzende, die im eigenen Bundestagswahlkreis gerade mal 12,9 Prozent der Erststimmen hole, habe „erkennbar keine Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern“, sagte Freitag. Dies aber sei unbedingte Voraussetzung für Akzeptanz in der Partei. „Daher wäre es im Interesse der SPD wünschenswert, wenn Saskia Esken zeitnah selbst zu dieser Erkenntnis kommen und von sich aus zurücktreten würde.“
Wie auch der Fürther Oberbürgermeister Jung plädiert Giffey für eine Rückkehr der SPD zur Solospitze. „Lars Klingbeil hat gerade erst das Vertrauen der Bundestagsfraktion für den Vorsitz bekommen“, sagte die Berliner Wirtschaftssenatorin. „Ich wünsche mir, dass er dieses Amt als starke Führungspersönlichkeit weiterhin ausfüllt.“
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar war die SPD auf noch 16,4 Prozent der Stimmen abgestürzt. Sie landete damit hinter CDU/CSU und AfD nur noch auf dem dritten Platz.
Esken sieht Ende kommen
Esken selbst erklärte in dieser Woche im ZDF, dass das Wahlergebnis auf einem vorgezogenen Parteitag im Sommer analysiert werden soll. „Da werden auch personelle Konsequenzen notwendig sein. Das werden wir als Team entscheiden“, sagte Esken.
Bereits vor drei Wochen hatte die SPD-Chefin bei ntv angedeutet, eventuell zurückzutreten. „Ich kann auch sowas nicht ausschließen, weil solche Gespräche ja immer wieder stattfinden“, sagte Esken. Das Amt der Parteivorsitzenden sei sehr ehrenhaft, aber befristet. Derzeit leitet Esken gemeinsam mit Co-Parteichef Klingbeil die Verhandlungen mit der Union für eine schwarz-rote Koalition.